Die grau-rot-gestreifte Krawatte ist zunächst das einzige, was sich dem Mittzwanziger Taguchi Hiro von seinem Nachbarn auf der Parkbank, dem 58-jährigen Ohara Tetsu, einprägt. Milena Michiko Flasar erzählt in ihrem Roman „Ich nannte ihn Krawatte“ sehr sensibel von der Annäherung zweier Außenseiter auf einer Parkbank in Japan. Taguchi war zwei Jahre inhaftiert, Ohara hat seinen Job verloren und verheimlicht das vor seiner Frau. Jeden Morgen kommt er mit Aktentasche und Krawatte in den Park. Nach und nach erzählt er aus seinem Leben, lässt den Jungen in seine Seele schauen. – Bis Ohara plötzlich nicht mehr kommt, sieben Wochen verschwunden bleibt.
Die schöne Sprache von Flasar nimmt sofort gefangen; dieses Buch ist große Literatur. Nur das Nachblättern der vielen japanischen Begriffe im Anhang ist lästig.
Milena M. Flasar: Ich nannte ihn Krawatte.
Verlag Klaus Wagenbach, Januar 2012.
144 Seiten, Gebundene Ausgabe, 16,90 Euro.