Unsere Literaturzeitschrift Schreib-Lust Print bietet die neun besten Geschichten eines jeden Quartals aus unserem Mitmachprojekt. Dazu Kolumnen, Infos, Reportagen und ...
Ruby ist fast ein Teenager wie jeder anderer in ihrer englischsprachigen Highschool. Sie ist weiß und wunderschön. Ihre Eltern verdienen so gut, dass Ruby im Luxus aufwächst. Ihre Geschichte beginnt 1976 in Johannesburg, wo die Sicherheitspolizei die Rassentrennung zwischen Schwarzen und Weißen überwacht. Aber auch zwischen den Weißen gibt es eine Trennung. Die einen sprechen englisch, die anderen, die die politischen Geschicke in Südafrika bestimmen, afrikaans. Ruby verliebt sich in Johann, einen Afrikaander, pflegt die Freundschaft zu einem schwarzen Künstler und wird in ihrer Schule gemobbt, weil sie den reichsten und beliebtesten Jungen ihrer Schule nicht anhimmeln will. Wer gegen so viele Regeln verstößt, braucht schon ziemlich gute Freunde, um an den zahlreichen Anfeindungen nicht zu zerbrechen.
„Die Farben der Freundschaft“ von Linzi Glass ist deshalb auch in erster Linie ein Roman über Freundschaften und zeigt, wie wichtig gute zwischenmenschliche Beziehungen sind. In zweiter Linie ist er ein politischer Roman, der den Blick auf Unterdrückung schärft. Mit Rubys spannender Geschichte wird gleichzeitig die Geschichte Südafrikas erzählt: die Folgen des Burenkrieges, der Apartheid, das Erziehungssystem der Schulen. Die „besten“ Jungen spielen Rugbyturniere, um als „richtige“ Männer ganz selbstverständlich Knochenbrüche und andere Wunden stolz in Kauf zu nehmen, während alle anderen Schüler zuschauen müssen. Rubys Geschichte reißt von der ersten Zeile an mit und lässt bis zum letzten Wort der letzten Zeile nicht mehr los. Die Autorin, die in ihrer Jugend in Südafrika lebte, hat mit viel Feingefühl und Geschick Rubys Leben mit dem ihrer Eltern zu einem Ganzen verwoben, so dass dieser Roman zu einer starken und glaubwürdigen Lektüre geworden ist, in der alles vorhanden ist, was sich ein Leserherz nur wünschen kann: Liebe, Abenteuer, tödliche Gefahren, Freundschaft, das Gute kämpft gegen das Böse und die Erkenntnis, durch Lesen wirklich und wahrhaftig bereichert und zugleich unheimlich gut unterhalten worden zu sein.
Einzig das immer wieder auftauchende Stilmittel der „Ankündigung“, um eine Denk- bzw. Interpretationsrichtung vorzugeben, raubt der Lektüre ein wenig die Spannung. Insgesamt dürfte der Jugendroman „Die Farben der Freundschaft“ zu den besten zählen, die es zurzeit auf dem Büchermarkt gibt. Zahlreiche Preise und Auszeichnungen hätte er verdient.
Linzi Glass: Die Farben der Freundschaft.
Hanser Verlag, Februar 2012.
224 Seiten, Taschenbuch, 14,90 Euro.