Polizeipsychologin Alexandra von Stietencron kämpft noch gegen die Nachwirkungen des letzten Mordfalls an, der ihre ganze Kraft gefordert hat, die Jagd nach dem Purpurdrachen, da erschüttert eine neue Mordserie Lemfeld. Jemand verfolgt Frauen, die er für Hexen hält, foltert sie nach mittelalterlichen Methoden und verbrennt sie auf dem Scheiterhaufen. „Für immer - A.G.“ zeichnet er seine Taten. Zusammen mit ihrem kauzigen Kollegen Schneider ermittelt Alex und stößt dabei auf einen Coven von Wicca, Frauen und Männer, die althergebrachte Rituale feiern. Hat es jemand speziell auf diese Gruppe abgesehen? Oder knüpft er auf perverse Weise an die unrühmliche Vergangenheit Lemfelds an, das im 17. Jahrhundert brutale Hexenverfolgung erlebte? Zu allem Überfluss ist in wenigen Tagen Walpurgisnacht, und es werden etwa tausend Menschen erwartet, um am Hexentanz, einem alten Steinkreis, zu feiern ... wie können sie verhindern, dass der selbsternannte Scharfrichter auftaucht und ein Blutbad anrichtet? Die Ermittlungen werden zum Wettlauf gegen die Zeit.
Profiler kennt man vorwiegend aus amerikanischen Fernsehserien und es ist spannend, einer deutschen Ausgabe davon bei der Arbeit über die Schulter zu schauen. Alexandra von Stietencron, eine adelige Psychologin, die sich von ihren Familientraditionen gelöst hat, ist die Hauptfigur. Sie ist mit ihrem Leben nicht im Reinen, ist noch auf der Suche, ohne genau zu wissen, wonach. Dem idealen Partner? Eher nicht, den gibt es nicht mehr für sie, seit ihre Jugendliebe vor ihren Augen erschossen wurde. Seitdem hat sie mit Männern kein Glück. Ihrem reichen, behüteten Elternhaus hat sie den Rücken gekehrt und lebt eher bescheiden in einer kleinen Wohnung mit einem Kater zusammen. Die Kollegen machen es ihr nicht immer leicht, besonders ihr Vorgesetzter meint, ehrliche Polizeiarbeit dem ganzen „Psychokram“ vorziehen zu müssen - nicht ahnend, in welche Gefahr er seine Mitarbeiter dabei bringt, denn Alex ist dem Täter näher, als sie ahnt.
Der Autor hat den geschichtlichen Hintergrund der Hexenverfolgung geschickt in einen modernen Kriminalfall integriert. Durch Alexandras Augen sehen wir, wie entsetzlich die Foltermethoden waren, damals wie heute, welches Unrecht besonders Frauen widerfuhr. Die Motive und Gedankengebäude des Mörders sind präzise herausgearbeitet und plausibel und gehen weit über die übliche „schlimme Kindheit“ hinaus, die so gern und oft bemüht wird in Thrillern.
Die Spannung steigt besonders zum rasanten Schluss immer weiter an und es fällt schwer, das Buch aus der Hand zu legen. Ich freue mich schon auf Alexandras nächsten Fall.
Sven Koch: Brennen muss die Hexe.
Knaur, April 2012.
416 Seiten, Taschenbuch, 8,99 Euro.