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Petra Durst-Benning: Solang die Welt noch schlÀft
Der Roman beginnt, wie mancher Krimi endet: Josefine muss ihre Haftstrafe im FrauengefĂ€ngnis von Berlin antreten. Im Jahre 1890 hat sie dabei noch GlĂŒck, dass es sich um ein JugendgefĂ€ngnis handelt, die neueste Errungenschaft des sozialen Fortschritts. Aber wie konnte es ĂŒberhaupt so weit kommen? Das hĂ€ngt mit Josefines ebenso groĂer wie verpönter und teils verbotener Leidenschaft zusammen: dem Radfahren.
Als FahrrĂ€der noch Velos hieĂen, war es fĂŒr eine Frau geradezu skandalös, sich auf eines zu setzen und einfach die StraĂe entlang zu radeln. Es kann durchaus geschehen, dass die Radfahrerin bespukt, mit Steinen beworfen oder vom Rad geschubst wird. Die Herren der Schöpfung ergehen sich in selbstgerechter Empörung.
Trotzdem will Josephine unbedingt Rad fahren. Zur Not auf dem Hof des reichen Nachbarn und auf dessen geliehenem Rad. Aber dem Industriellen wird die Freund-schaft mit der freidenkenden Josephine aus einer einfachen Schmied-Familie zu seiner Tochter immer unbequemer. Als Josephine eines Nachts mit seinem (ungefragt) ausgeliehenem Rad einen leichten Unfall hat, nutzt er die Gelegenheit und lÀsst sie als Diebin anklagen.
Josephines Leben scheint beendet, sie muss alle groĂen TrĂ€ume gegraben und ist doch noch nicht einmal volljĂ€hrig. Aber nachdem sie ihre Haftzeit hinter sich gebracht hat, haben sich die Zeiten doch noch geĂ€ndert.
Petra Durst-Benning legt mit »Solange die Welt noch schlÀft« den ersten Band einer neuen Reihe vor. Dieses Mal geht es um Frauen zu Anfang des gerade vergangenen Jahrhunderts. Das verspricht ein ebenso spannendes wie mutiges Vorhaben zu werden, an das sich bislang noch nicht viele Autoren Historischer Romane herangewagt haben, jedenfalls nicht auf diese Art und Weise. Die Autorin kombiniert die genretypischen Merkmale des Mittelalterromans mit der Zeit sozialer Unruhen und technischer Innovationen und schafft damit eine Form, die sich von den anderen Romanen (meist Krimis oder DienstmÀdchenromane oder beides kombiniert) abhebt. Der Auftakt zur Serie ist jedenfalls schon mal gelungen.
Fazit: Angenehmer Lesestoff, der Lust auf mehr macht.
Petra Durst-Benning: Solang die Welt noch schlÀft.
List, MĂ€rz 2012.
496 Seiten, Gebundene Ausgabe, 19,99 Euro.