Seit vierzehn Monaten ist Erik und Winnie Steinbecks vierjährige Tochter Sarah verschwunden. Sie wurde von einem fremden Mann auf der Straße aufgegriffen, verschleppt in einem dunklen Wagen. Danach verliert sich die Spur. Kein Erpresserbrief, kein Hinweis auf einen möglichen Täter. Um Abstand zu gewinnen, überredet Winnie ihren Mann in die USA, nach New York, zu ziehen. Doch dieser Umzug bringt nicht das gewünschte Ergebnis, das Paar entfernt sich immer weiter voneinander. Dann bemerkt Erik, dass Winnie sich heimlich aus dem Haus schleicht, wenn er fort ist. Und nicht nur das: Sie pflegt obskure Bekanntschaften, die sie verleugnet. Und es stellt sich heraus, dass sie Erik die Wahrheit verschwiegen hat über ihre Vergangenheit.
Hakan Nesser baut seinen Roman sehr behutsam auf. Eigentlich passiert über weite Strecken kaum etwas und doch wird es niemals langweilig. Nach und nach erfahren wir mehr über das Ehepaar Steinbeck, vor allem über den Schriftsteller Erik, aus dessen Perspektive der Roman erzählt wird. Wir erleben seine Trauer und seine tiefe Einsamkeit. Gemeinsam mit ihm durchstreifen wir New York (und das Umland) auf der Suche nach dem Geheimnis seiner Frau. Nesser hat mit „Die Perspektive des Gärtners“ eine tiefbewegende Geschichte geschrieben, die durch ihre wortgewaltige, poetische Sprache besticht. Die Krimihandlung ist dabei eher schmückendes Beiwerk. Bisweilen fühlte ich mich bei der Lektüre an Siri Hustvedts „Was ich liebte“ erinnert, oder auch, durch das Spiel mit Realität und Fiktion, an die Bücher ihres Mannes Paul Auster.
Wunderschön…bitte mehr davon, Herr Nesser!
Håkan Nesser: Die Perspektive des Gärtners.
btb, Mai 2012.
320 Seiten, Taschenbuch, 9,99 Euro.