„Liebe und andere Versprechen“ sind für den Vollblutlehrer Pietro nicht nur daher gesagte Worte. Sara, seine Frau, verlässt ihn, der Großvater stirbt und die Leere der Sommerferien will gefüllt werden. Sein Freund Olmo, ein Veteran aus dem Zweiten Weltkrieg und ein leichtfertig gegebenes Versprechen führen Pietro nach Russland. Es beginnt eine mühsame Spurensuche in den Weiten der Steppe, die anderes an den Tag bringt, als Pietro je erwarten konnte.
Andrea Bajani, 1975 in Rom geboren, erhielt für diesen Roman den renommierten „Premio Bagutta“. Gefühlvoll und bildhaft erzählt er von dunklen Familiengeschichten, heimlichen Hoffnungen und Wünschen. Der sanfte, sympathische Pietro lädt den Leser ein, ihn bei seiner Suche zu begleiten. Dadurch wird man recht schnell zu einem stillen Beobachter und zugleich Mitglied seiner Familie. So ganz beiläufig enthüllt Andrea Bajani Geheimnisse und Nöte, die die meisten Menschen für immer und ewig ganz tief wegschließen würden. Er zeigt anhand der im Roman agierenden Personen, wie schwer die Last des Schweigens sein kann und wie erleichternd, wenn die Stille auf einmal durchbrochen wird. Aus einer selbst gewählten Einsamkeit wird nun ein wohltuendes und versöhnliches Miteinander. Raum für Hoffnung und Zuversicht.
Es entsteht der Eindruck, dem tatsächlichen Leben zuzuschauen, ohne dass es in irgendeiner Weise künstlich dramatisiert wird. Der scheinbar überall regierende Mainstream mit seinen durchschaubaren Zielvorgaben wird von Andrea Bajani eindeutig nicht bedient. Vielleicht liegt hierin sein Erfolgsrezept. Denn seine früheren Romane sind ebenfalls ausgezeichnet worden. Seine feinfühlige Kunst des Erzählens schenkt dem Leser eine Lektüre der besonderen Art: viele authentische Zwischentöne und eine hoffnungsfrohe Stimmung beim Abschied.
Andrea Bajani: Liebe und andere Versprechen.
dtv, April 2012.
340 Seiten, Taschenbuch, 14,90 Euro.