Als der Vater der beiden Schwestern Nina und Meredeth im Sterben liegt, nimmt er ihnen das Versprechen ab, sich von nun an um die Mutter zu kümmern. Da das Verhältnis zu ihr seit Kindheitstagen sehr distanziert und kaltherzig und das der Schwestern ebenfalls angeknackst ist, sträubt sich Meredeth zunächst komplett dagegen, während Nina eine Chance darin sieht, mehr über ihre Mutter zu erfahren, sie besser kennenzulernen und (vielleicht) zu verstehen, was diese emotionale Kälte für eine Ursache hat.
Ein Märchen, das die Mutter ihnen in jungen Jahren erzählt hat, soll der Aufhänger dieser Annäherung sein. Denn dieses Märchen ist die einzige schöne Erinnerung an die Kindheit der Beiden. In diesen Momenten versprühte die Mutter so viel Leidenschaft, die erahnen ließ, dass im tiefsten Inneren eine sehr warmherzige Frau schlummert, der es nur gelingt, in Gestalt der Märchenfigur hervorzutreten. Schließlich überredet Nina ihre Mutter dazu, endlich dieses Märchen zu Ende zu erzählen, ahnt jedoch nicht, welche erschütternde Lebensgeschichte dahinter steckt.
„Ein Garten im Winter“ gehört normalerweise nicht zu meinem bevorzugten Genre.
Trotzdem reizte es mich, mal in eine andere Welt einzutauchen, da der Klappentext sehr vielversprechend klang und neugierig machte. Und ich muss sagen: Ich wurde nicht enttäuscht! Auch wenn ich aufgrund der Inhaltsangabe etwas ganz anderes erwartet hatte, hat mich dieser Roman einfach umgehauen.
Was Kristin Hannah mit diesem Buch geschafft hat, lässt sich mit einem Wort beschreiben:
WOW!
Doch möchte ich genauer darauf eingehen, da es dieser Roman definitiv verdient.
Die Autorin, die 1960 in Südkalifornien geboren wurde und zwischenzeitlich als Rechtsanwältin tätig war, erzählt in einer wunderschönen, bildhaften Sprache, die es dem Leser leicht macht, in die Geschichte zu versinken und das Gefühl zu haben, dabei zu sein. Dabei schafft sie es, mich von der ersten Seite an zu fesseln, mich zum Schmunzeln aber auch zum Weinen zu bringen (das hat ein Buch bei mir bisher noch nicht geschafft!!!).
Nach und nach erfährt der Leser Dinge, die im zerbombten Leningrad zur Zeit des Zweiten Weltkrieges geschehen sind, und kann tatsächlich immer mehr die Beweggründe für das Verhalten der Mutter gegenüber ihrer Töchter nachvollziehen. Teils sehr detailliert werden Lebensbedingungen, Verluste und Situationen geschildert, die einen mitfühlen lassen und erschüttern. Alles wirkt so authentisch und nachvollziehbar und geht einem deshalb so unglaublich nah. Immer wieder ertappte ich mich dabei, wie ich den Sinn eines Krieges und seine Auswirkungen hinterfragte und verständnislos den Kopf schüttelte.
Die Vergangenheitsabschnitte werden immer wieder von der Gegenwart abgelöst und zeigen, wie sich die drei Frauen näherkommen und anfangen nicht nur den Anderen sondern auch sich selbst besser kennenzulernen.
Der Schluss ist in meinen Augen grandios, mehr gibt es dazu nicht zu sagen. Es rundet das Buch ab und man legt es mit schwerem Herzen, aber befriedigt zur Seite.
Ein Tipp: Taschentücher bereithalten.
Für mich ein wirklich sehr schöner Einstieg in dieses Genre und garantiert nicht mein letzter Roman dieser tollen Autorin.
Beide Daumen hoch!!!
Kristin Hannah: Ein Garten im Winter.
Ullstein, Dezember 2011.
512 Seiten, Taschenbuch, 8,99 Euro.