Rechtzeitig zu den Olympischen Spielen erscheint die Geschichte des Schlagmanns Arne Hansen. Aus der Sicht seiner Freunde wird über Rückblenden seine Erfolgs- und zugleich Leidensgeschichte erzählt, die sich völlig den Regeln des Leistungsports unterworfen hatte. Arne wird dargestellt als ein introvertierter, wortkarger Mensch, der gegen eine innere Leere kämpft, indem er seinem Körper alles abverlangt, was Menschen möglich ist. Schmerzen und hartes Training bei gleichzeitigem Hungern schenken ihm weder Frieden noch Erfüllung. Er fällt schließlich in die innere Leere zurück, ohne dass ihm jemand zu einer lebensbejahenden Lebensweise verhelfen kann.
Die Sportredakteurin Evi Simeoni hat in Anlehnung an das Schicksal von Bahne Rabe aus Lüneburg die fiktive Geschichte einer völligen Unterwerfung im Leistungssport nachempfunden. Arnes Absturz beginnt, nachdem er in im Achter olympisches Gold gewonnen hat.
Was kann ein Spitzensportler nach so einem Erfolg noch leisten? Einer, der als der Stärkste und Beste am Ruder galt? Wie viel Training, Schmerzen und Verletzungen kann man einem Körper noch abverlangen, der immer weniger Nahrung und Ruhe bekommt? Hunger als Sucht oder ein Kurs der Selbstvernichtung aufgrund einer psychischen Erkrankung?
Diesen Fragen geht Evi Simeoni nach. Chronologisch erzählt sie von Arnes Absturz, in der es keinen Platz für seine Mitmenschen zu geben scheint. Gegen Ende gibt es eine Szene, in der ein fast verhungerter Arne am Tropf hängt und seinen Freund nach der Kalorienmenge in der Infusion fragt.
„Durch den Tropf hat noch keiner zugenommen, glaube mir.“
Arne nickte schwach und schloss die Augen.“
Auf welche Weise die größte Stärke die größte Schwäche werden kann, schildert die Autorin so eindringlich und anrührend, dass auch Sportdesinteressierte einfangen werden, so dass man das Buch so schnell nicht aus der Hand legen mag. Dabei kann es schon einmal passieren, bei dem einheitlichen Sprachstil den Überblick zu verlieren, wer gerade erzählt. Dank der verschiedenen Perspektiven wird Arnes Geschichte tiefgründig, spannend und zugleich facettenreich. Unzählige Details bleiben bei der Lektüre im Kopf lebendig. Wer diese anrührende Geschichte gelesen hat, wird vermutlich die Neigung verspüren, bei sportlichen Wettkämpfen selbst den zuletzt ins Ziel eintreffenden Athleten zu feiern.
Evi Simeoni: Schlagmann.
Klett Cotta, Juli 2012.
276 Seiten, Gebundene Ausgabe, 19,95 Euro.