Peggy Wehmeier zeigt in diesem Buch, dass Märchen für kleine und große Leute interessant sein können - und dass sich auch schwere Inhalte wie der Tod für Kinder verstehbar machen lassen.
Jürgen Seibold ist Journalist und Autor und durch seine Regionalkrimis bekannt. Nun hat er sich an einen Thriller gewagt, der sehr mysteriös mit der Rückschau eines Internatsleiters auf Todesfälle in seiner Schule beginnt. Bevor er sich Kommissar Mertens anvertrauen kann, stirbt er.
Nun folgt die Handlung chronologisch den Geschehnissen rund um die Familie Pietsch: Die Eltern leben mit ihren drei Kindern im Großraum Stuttgart, die Sommerferien sind vorbei und die Kinder bereiten sich auf das neue Schuljahr vor. Der Umgang innerhalb der Familie ist liebevoll und von Verständnis geprägt. Doch plötzlich verändern sich die Kinder. Sie werden aggressiv, schotten sich gegen die Eltern ab.
Was mir der Titel des Buches und das neongrün schimmernde Titelbild suggerierten, nämlich dass Kinder sich wie in einem Horrorfilm auf unerklärliche Weise verändern, hält der Thriller nicht. Nachdem ich meine (voreiligen) Erwartungen zurück gestellt und mich auf den Roman eingelassen habe, konnte ich aber gut mit der Idee des Autors leben.
Das Lehrerehepaar Moeller, das neu ist an der Schule, gehört einem elitären pädagogischen Zirkel an, der die Elite des Landes heran bilden will. Dazu bedienen die Lehrer sich grausamer Methoden. Die unheimlichste Szene ist die in einem Folterkeller, der freilich nicht mehr „genutzt“ wird. Andere Darstellungen von Selbstmord, Vergewaltigung, Mobbing, den verschiedenen Eltern-Typen, die bei Sprechtagen aufeinander treffen, machen noch keinen Thriller aus. Ebenso wenig die Beziehung der Pietschs untereinander, wenn zum Beispiel Arbeitslosigkeit droht.
Die Recherchen der Pietschs mit Hilfe von Kommissar Mertens hat dann aber teilweise Ermittler-Krimi-Niveau, obwohl der Leser immer arg weit den Schlussfolgerungen des Kommissars voraus ist.
Der Höhepunkt der Handlung ist das Schulfest, bei dem die Moellers das Ergebnis ihrer Arbeit durch eine simulierten Feueralarm demonstrieren wollen, die von den brutalen Methoden der Moellers betroffenen Eltern aber deren Machenschaften aufdecken wollen.
Das Lehrerehepaar verschanzt sich darauf hin und will Selbstmord begehen, einige Schüler, die in ihren Bann geraten sind, wollen sich ihnen anschließen. Das Ganze geht „gut“ aus: Moellers sterben (durch einen Killer ihrer Organisation, was handlungstechnisch eigentlich nicht wirklich notwendig ist), die Kinder überleben.
Die Schilderungen des Eltern- und Lehreralltags lassen auf eigene Eltern-/Lehrererfahrung schließen. Und diese Schilderungen überwiegen auch. Aus der packenden Idee des Autors ist nicht viel geworden, das Spannungspotential ist nicht wirklich ausgeschöpft, das Ende wirkt irgendwie verharmlost. Als Thriller ist „Kinder“ mutlos und wenig spannend.