Peggy Wehmeier zeigt in diesem Buch, dass Märchen für kleine und große Leute interessant sein können - und dass sich auch schwere Inhalte wie der Tod für Kinder verstehbar machen lassen.
Waldbewohner Royia ist ein Erwählter, ein Gott. Wenn man seine Haut anritzt, blutet er Feuer. Als er gerufen wird, seinen Platz auf dem Berg der Götter einzunehmen, warnt ihn ein abgerissener Waldmensch vor diesem Schritt. Alles, was man ihm erzählt habe, sei eine Lüge. Royia flieht verletzt in die Verdorbene Stadt. Ausgerechnet die junge Fischerin Naave, aufgewachsen im düsteren Graben bei den Verzweifelten und Armen, findet ihn. In ihren Augen ist er ein Feuerdämon. So einer wie der, der vor zehn Jahren den halben Graben angezündet hat. In dem Feuer starb ihre Mutter, seitdem ist sie auf sich allein gestellt und bettelarm.
Sie hasst Feuerdämonen und ihr erster Impuls ist, ihn zu töten. Ihr zweiter, ihn im Haus der Götter beim Obersten Tempelwächter abzugeben und die für den Fang eines Feuerdämons ausgelobte Belohnung zu kassieren. So kann sie endlich den Graben verlassen und in den schönen Teil der Stadt ziehen, wo die Reichen wohnen, davon hat sie ihr Leben lang geträumt.
Es kommt jedoch ganz anders und auf einmal sind Royia und Naave zusammen auf der Flucht. Was sie erleben und entdecken, hat das Potential, die Welt zu zerstören.
Mit diesem Roman zeigt die Autorin auf eindrucksvolle Weise, wie vielseitig deutsche Fantasy ist. Eine bis ins kleinste Detail ausgearbeitete und faszinierende Welt voller Gegensätze bildet das Setting für diese Geschichte. Auf der einen Seite der Wald mit seinen Waldvölkern, auf der anderen die Stadt, die auf extreme Art in Arm und Reich geteilt ist. Allen gemeinsam ist die Anbetung des Gott Einen und der vierzehn Götter, die ihm unterstellt sind. Die Götter leben auf dem Berg der Götter, aber sie sind nicht unsterblich, periodisch werden sie ersetzt. Nie hat jemand das in Frage gestellt, auch Royia nicht, der sein ganzes Leben lang darauf vorbereitet wurde. Erst, als ein heruntergekommener Waldbewohner Zweifel sät, versucht er, die Wahrheit zu finden und nimmt dabei in Kauf, dass eine aufmüpfige Städterin als lästiges Anhängsel ihn begleitet.
Die Protagonisten könnten unterschiedlicher nicht sein und Naaves Hass auf Feuerdämonen sorgt für manche Verwirrung und Wendung. Wie sie sich zusammenraufen (müssen), um zu überleben, ist spannend zu beobachten und besonders Naave entwickelt sich auf beeindruckende Art weiter. Die Dialoge sind lebendig und gerade durch Naaves anfängliche Sturheit stellenweise lustig zu lesen. Die Spannung steigt bis zum unerwarteten Schluss kontinuierlich.
Stefanie Simon ist ein Pseudonym der Autorin Sabine Wassermann, die mit „Das Gläserne Tor“ und „Die Eiserne Welt“ zwei ebenfalls bezaubernde Romane im Genre Fantasy vorgelegt hat (auch auf dieser Website besprochen).
Ferner schreibt sie Historische Romane.
Stefanie Simon: Feuer der Götter.
Knaur, Februar 2013.
432 Seiten, Taschenbuch, 14,99 Euro.