Adam Johnson: Das geraubte Leben des Waisen Jun Do
Jon Do wächst in Nordkorea als Sohn eines Waisenhausaufsehers auf. Als einziges Kind im Haus, das zumindest ein noch lebendes Elternteil hat, wird er fälschlicherweise immer wieder selbst für einen Waisen gehalten. Er hat die Maximen seines Landes verinnerlicht und hält sich an die Regeln des Systems. Als er das Land das erste Mal verlässt und mit der Crew eines Schiffes zusammenkommt, steht sein Weltbild Kopf. Es gibt doch tatsächlich Menschen, die mit seinem geliebten Führer Kim Jong Il nicht zufrieden sind und die desertieren wollen!
"Das geraubte Leben des Waisen Jun Do" ist ein sehr skurriles Buch, das zwischen witzig, aberwitzig und ernst pendelt. Es bringt so eine bunte Themenvielfalt mit, das man sie hier gar nicht komplett aufzählen kann. Die Figuren - und an Nebenfiguren mangelt es diesem Roman wirklich nicht - sind teils skurril, pfiffig oder verschroben. Kurz: Es macht Spaß, von ihnen zu lesen und die Geschichte fesselt auf ihre Art und Weise, ohne dass sie stellenweise besonders interessant wäre. Im Gegenteil: Durch die vielen Seiten kommt auch immer mal wieder Ebbe bei der Geschwindigkeit der Handlung auf. Der Autor schafft es aber, selbst diese Trockenzeiten mit seinem Schreibtalent gut thematisch zu verpacken und die Leser weiter heranzuführen an die Leben seiner beiden Hauptfiguren.
Was real ist und was nur Fantasie des Autors, bleibt dabei außen vor. Ich denke nicht, dass dieser Roman ein vollkommen realistisches Bild von Nordkorea zeichnen möchte, aber Wahrheit steckt sicher im Kern und "Das geraubte Leben des Waisen Jun Do" ist genau deshalb so interessant. Manchmal kann man gar nicht glauben, was man da liest. Die Geschichte lässt einen beeindruckt und betroffen zurück, fasziniert und interessiert an der Thematik.
Adam Johnson: Das geraubte Leben des Waisen Jun Do.
Suhrkamp, März 2013.
687 Seiten, Gebundene Ausgabe, 22,95 Euro.