Als das Manuskript 1999 wieder auftauchte, lehnte Saramago selbst die Veröffentlichung ab, obwohl es jetzt interessierte Verlage gab. Womöglich saß die Kränkung, die er über 40 Jahre zuvor mit diesem Text erlitten hatte, immer noch zu tief. Nun, drei Jahre nach dem Tod des Autors, ist „Claraboia oder wo das Licht einfällt“ doch noch auch auf Deutsch erschienen. Und das ist gut so, denn es handelt sich um einen außerordentlich starken Roman. Aber man bekommt auch eine Ahnung, warum er in einem Portugal der 50er-Jahre noch auf Ablehnung stieß, kommen doch Themen wie lesbische Liebe oder Vergewaltigung in der Ehe vor, für die die Zeit damals möglicherweise noch nicht reif war.
Es ist erstaunlich wie allgemeingültig diese Themen sind: Was sich vor 60 Jahren fiktiv in einem Lissaboner Mietshaus abspielte, könnte sich auch heute überall auf der Welt in der Realität genauso, wie von Saramago beschrieben, zutragen. Und das ist ein Merkmal von großer Literatur.