Wir kennen es aus unzĂ€hligen Werken. Eigentlich sollte man meinen, dass es idyllisch zugehen wĂŒrde, in einem kleinen Ort namens Brent Prior in Dartmoore, England Ende des 19. Jahrhunderts. Weitab vom groĂen Weltgeschehen, von den Fabriken und dem SĂ€belrasseln der GroĂmĂ€chte herrschen hier noch Zucht und Ordnung, ist die Welt in Ordnung.
Nur, dass Brent Prior ein dunkles Geheimnis hat, etwas zu verbergen sucht. 1888 war es, als ein gehörnter Ehemann eine Jagdgruppe zusammenstellte, um seine flĂŒchtige Ehefrau in den SĂŒmpfen zu verfolgen. Nicht alle kamen damals aus dem Moor zurĂŒck, und die, die sich in die Ortschaft retten konnten, waren danach nicht mehr dieselben.
Sechzehn Jahre spĂ€ter regt sich neues Unheil in Brent Prior. Ein mysteriöser Fremder, dessen Gesicht in VerbĂ€nde gehĂŒllt ist, und der sich selbst als Herr der Moore bezeichnet, schickt sich an vermeintliches Unrecht zu richten und sein Erbe anzutreten. Betroffen sind insbesondere das Geschwisterpaar Kate Mansfield, ihr blinder Bruder Neil, der wĂ€hrend der Jagd verletzte und seitdem im Koma liegende Vater sowie die beiden Hausangestellten, die sich seitdem der Kinder annahmen.
Als ihr Vater aus seinem langen Schlaf aufwacht, silbernes Blut schwitzt und Neil vom Herrn der Moore entfĂŒhrt wird, wird deutlich, dass sich etwas Uraltes, etwas Böses regt, und seinen Platz an der Spitze der Nahrungskette einzunehmen gedenkt âŠ
Da dachte ich doch tatsĂ€chlich, der moderne Vampir-Roman sei tot, seit Jahren hatte ich kaum noch ĂŒberzeugende Werke gefunden, stĂ€ndig wiederholten sich die Handlungsschemata, so dass ich mich mehr und mehr anderen Richtungen der weird fiction zuwandte.
Da bringt Michael Preissl von Voodoo so mir nichts, dir nichts aus dem Nichts heraus einen Roman, der zwar ganz behĂ€big, anheimelnd und geruhsam beginnt, dann aber eine wahrhaft packende Handlung fĂŒr seine Leser bereit hĂ€lt.
ZunĂ€chst erwartet selbigen die stimmungsvolle Zeichnung einer lĂ€ndlichen Idylle, in der sich aber immer wieder einige Besonderheiten einschleichen. Hinter der Ă€uĂeren Fassade des christlichen Miteinanders verbergen sich geheime WĂŒnsche und Geheimnisse. Mit feinem Pinselstrich zeichnet Burke seine Personen. Seien es der alkoholabhĂ€ngige Dorfarzt, die unnahbare Wirtswitwe oder der jugendliche SchlĂ€ger, der seiner Schwester an die WĂ€sche will, sie alle werden ebenso interessant wie plastisch beschrieben.
In diese Ă€uĂerliche Idylle, die sich bei genauerem Hinsehen dann doch als bloĂe TĂŒnche erweist, hinter der sich Eitelkeiten, perverse GelĂŒste und jede Menge unterdrĂŒckter Gewalt verbirgt, bricht von AuĂen kommend das ĂbernatĂŒrlich in Form von echsenartigen Wesen ein. Erst im Lauf der Ereignisse wird deutlich, um was es sich bei den Wesen handelt, erfahren wir die HintergrĂŒnde der Geschehnisse vor 16 Jahren und die Absichten des Herrn der Moore. Obwohl in der ersten HĂ€lfte des Romans wenig wirklich passiert, verfolgt man als Leser die Personen mit Spannung. Was nur verbirgt sich hinter den Vorkommnissen, wie lösen sich die RĂ€tsel â hier hĂ€lt uns der Autor sehr geschickt an der langen Leine. Nach und nach entfaltet der Plot dann zunehmende Wucht. Mit dem anziehenden Tempo und den Info-Dumps kommt zusehends Dramatik ins Spiel, warten spannende Auflösungen auf den Leser. Wie alles zusammenpasst ist dann in sich ebenso logisch wie interessant gestaltet, zumal eine Fortsetzung durchaus im Bereich des Möglichen bleibt.
Kealan Patrick Burke: Herr der Moore.
Voodoo Press, Januar 2013.
312 Seiten, Taschenbuch, 12,95 Euro.