Das mit 328 Seiten dickste Buch unseres Verlagsprogramms ist die Vampiranthologie "Ganz schön bissig ..." - die 33 besten Geschichten aus 540 Einsendungen.
Ursula Poznanski: Blinde Vögel, gelesen von Andrea Sawatzki
Im Internet findet man Menschen wieder, an die man jahrzehntelang nicht gedacht hat. Man findet gleich oder ähnlich gesinnte Freunde, vielleicht sogar den Partner fürs Leben. Kann man im Internet auch seinen Mörder finden? In Salzburg tauchen zwei Zote auf, ein Mann und eine Frau, die auf den ersten Blick nichts gemeinsam haben. Aber sie sind zusammen gestorben. Handelt es sich um einen besonders schiefgegangenen Liebesakt, um Mord und Selbstmord oder steckt noch etwas anderes dahinter? Beatrice Kaspary hat von Anfang an ein seltsames Gefühl. Der Wohnungsgenosse des Ermordeten sagt aus, die Frau sei eines Abends plötzlich aufgetaucht - und sie war noch nicht einmal aus Salzburg, sondern kam aus Deutschland. Es gibt keine gemeinschaftliche Arbeit, keine Studiengemeinsamkeiten, nichts. Nur ein einziges sich deckendes Detail taucht auf: Sie haben bei in der gleichen Facebook-Gruppe gepostet, er häufig, sie nur ein einziges Mal. Reicht das aus, um zusammen ermordet zu werden?
Beatrice lässt nicht locker, wird mit einem Pseudonym Mitglied in dieser Gruppe. Es scheint alles völlig harmlos zu sein, man unterhält sich über Lyrik, was könnte es Ungefährlicheres geben? Aber einige der geposteten Gedichte sind ... seltsam, so voller Tod und Furcht und natürlich gibt es auch in der Lyrik-Gruppe die Mitglieder, die überall mitreden müssen, wenig verstehen, nichts wissen und Beatrice nur noch mehr verwirren. Dann stirbt ein weiteres Mitglied der Lyrik-Gruppe, wieder in Salzburg. Beatrice glaubt nicht mehr an Zufall.
"Blinde Vögel" ist nur auf den ersten Blick ein weiterer Thriller um Mörder, die ihre Opfer im Internet finden. Im Gegensatz zu anderen Thrillern beschäftigt sich Ursula Poznanski auch nicht mit Kontaktbörsen, wo Risiken und Nebenwirkungen per se einkalkuliert werden müssen, sondern mit einer ganz normalen Facebook-Gruppe, die sich über Lyrik unterhält. Dabei charakterisiert sie nebenher noch die Facebook-Gestalten, wie sie jeder kennt, was stellenweise wirklich witzig ist. Der Grund für die Morde und der Mörder ist zwar logisch aufgebaut, kommt aber völlig überraschend und aus einer Ecke, aus der ich ihn nicht erwartet hätte.
Vorgelesen wird das Hörbuch von einer Andrea Sawatzki in Hochform. Sie haucht die todessehnsüchtigen Gedichte durch mein abgedunkeltes Schlafzimmer und jagt mir Schauer über den Rücken. Dann dreht sie auf, wenn die Vorlage schneller wird und ich bin ganz plötzlich wieder hellwach.
Fazit: Super Vorlage mit einer selten angesprochenen Problematik, sehr gut gelesen.
Ursula Poznanski: Blinde Vögel, gelesen von Andrea Sawatzki.
Argon Verlag, Mai 2013.
6 CDs, 19,95 Euro.