Als die junge Studentin Svenja in ihre neue Wohnung in Tübingen zieht, traut sie ihren Augen nicht. In ihrem Küchenschrank macht ein völlig verdreckter kleiner Junge Kopfstand! Er spricht nicht und trägt ein T-Shirt mit der Aufschrift „Nashville“ weshalb sie ihn so tauft. Svenja nimmt den Jungen wie selbstverständlich bei sich auf, obwohl sie schon Mühe hat, sich selbst zu versorgen. Da merkt sie merkt sie, dass es gar nicht so einfach ist, ein Kind aufzuziehen. Erst nach und nach kommen die Umstände von Nashvilles Leben ans Licht und sie erfährt, dass er Zeuge des Mordes an seiner obdachlosen Mutter geworden ist und der Täter dies vermutlich weiß und den Jungen sucht. Svenja und ihre Freunde versuchen, auf eigene Faust den Fall aufzuklären.
Mit ihren anderen, teilweise grandiosen Romanen kann sich Antonia Michaelis‘ „Nashville oder Das Wolfsspiel meiner Meinung nach nicht messen. Die Geschichte ist toll erdacht, daran besteht kein Zweifel. Eine 18-Jährige nimmt einen circa 10 Jahre alten obdachlosen Jungen bei sich auf und entdeckt allmählich dessen dunkle Vergangenheit. Dabei taut besagter Junge immer mehr auf und öffnet sich ihr und ihren Freunden. Die Geschichte verspricht Spannung aber auch ungewöhnliche Momente und Neues. So etwas findet sich in „Nashville oder Das Wolfsspiel“ durchaus! Viele der Szenen sind sehr anrührend und der Roman ist gewohnt gut geschrieben. Aber es gibt zahlreiche Längen und was die Autorin erzählt, hätte man auch deutlich kürzer und spannender verpassen können. Manchmal tritt die Geschichte für mehrere Kapitel einfach auf der Stelle herum.
Die beschriebenen Figuren wirken sehr einseitig, aber trotzdem faszinierend. Es ist ein Schlag Mensch, der dort beschrieben wird. Vorwiegend die schrägen Außenseiter der Gesellschaft, die sich in keine vorgegebenen Muster drängen lassen. Ob schwul, obdachlos oder arm – sie lassen sich nichts sagen und haben ihren eigenen Kopf. Hier gelingt der Roman geradezu hervorragend! Die Charaktere machen die etwas langwierige Story durchaus doch noch lesenswert!
Ein durchwachsener Roman, der sich mit anderen Werken der tollen deutschen Autorin nicht messen kann, aber durchaus lesenswerte Passagen hat!
Antonia Michaelis: Nashville oder Das Wolfsspiel.
Oetinger, Juli 2013.
480 Seiten, Gebundene Ausgabe, 17,95 Euro.