Die Fantasy haben wir in dieser von Alisha Bionda und Michael Borlik herausgegebenen Anthologie beim Wort genommen. Vor allem fantasievoll sind die Geschichten.
Jay McInerney, geboren 1955, wird zum literarischer Brat Pack gerechnet. Dazu gehören eine Reihe von amerikanischen Autoren, die in den 80er Jahren das Erwachsenwerden thematisierten und den Zeitgeist jener Epoche einfingen. Zu der Gruppe gehört als ihr wohl berühmtester Vertreter auch Bret Easton Ellis („American Psycho"). McInerneys bekanntester Roman aus jener Zeit heißt „Bright Lights, Big City" (deutsch „Ein starker Abgang") und wurde mit Michael J. Fox in der Hauptrolle verfilmt.
Sein neuer Roman „Das gute Leben" befasst sich mit den New Yorker Befindlichkeiten im Herbst 2001 kurz nach dem Anschlag auf das World Trade Center. McInerney beleuchtet das Leben zweier Paare der Upper Class, deren Ehen in einer Krise stecken. Ausgerechnet der Terroranschlag scheint für Corrine aus der einen und Luke aus der anderen Ehe zu einem Neuanfang zu werden. Sie lernen sich in einer Suppenküche am Ground Zero kennen, verlieben sich ineinander und verbringen gemeinsam einige leidenschaftliche Tage.
Dem Roman liegt die These zugrunde, dass der Terroranschlag vom 11. September trotz allen Entsetzens für manche auch etwas Gutes hatte. Sie lernten in dieser Extremsituation, die sie aus ihrem täglichen Einerlei riss, wieder zu leben. McInerney äußerte sich einmal in einem Interview mit www.welt.de über seine eigenen Erfahrungen mit dem 11. September so: „Auch wenn es schlimm klingt, das zu sagen: Es war einer wundervolle Zeit damals in New York. Ich bin froh, dass ich dabei war."
Doch das Glück – oder besser gesagt die emotionale Ausnahmesituation ist nicht von Dauer. Das gilt für Corrine und Luke in „Das gute Leben" und auch für McInerney selbst. Noch ein Zitat aus dem Interview: „Nur wenige haben ihr Leben geändert. Manche haben ihre Berufe gewechselt, andere ihre Partner. Wir dachten in den ersten Tagen, alles würde anders und wir würden nie wieder die gleichen sein. So ist aber die menschliche Natur nicht."
„Das gute Leben" ist gleichermaßen Liebes-, wie Gesellschafts-, wie Zeitgeistroman. Etwas störend ist die Vielzahl der auftretenden Figuren, die dem Leser einiges an Konzentration abverlangt. Dennoch fällt das Urteil zu diesem Roman insgesamt positiv aus, auch wenn er womöglich nicht das Zeug dazu hat, so unvergesslich zu bleiben wie „Bright Lights, Big City".
Jay McInerney: Das gute Leben.
Kiwi, August 2007.
448 Seiten, Hardcover, 22,90 Euro.