Die Fantasy haben wir in dieser von Alisha Bionda und Michael Borlik herausgegebenen Anthologie beim Wort genommen. Vor allem fantasievoll sind die Geschichten.
âHeute habe ich Geburtstag. Heute werde ich FĂŒnfzehn. Heute habe ich meine Eltern im Garten begraben.â
An ihrem fĂŒnfzehnten Geburtstag vergrĂ€bt Marnie gemeinsam mit ihrer kleinen Schwester Nelly ihre toten Eltern im Garten. Mutter Izzy findet sie im Schuppen erhĂ€ngt, Stiefvater Gene liegt tot im Bett. Die Tode werden im Verlauf des Romans nicht aufgeklĂ€rt.
Marnie weiĂ, dass niemand erfahren darf, dass sie und ihre Schwester nun als Waisen alleine dastehen. Sie hat Angst vor dem Jugendamt, das sie und Nelly trennen und aus ihrer gewohnten Umgebung reiĂen wĂŒrde. Ihr Entschluss steht schnell fest: Von nun an mĂŒssen sie alleine klar kommen, Marnie verdient ihr Geld als Gelegenheitsdealerin. Das Geld reicht nicht zum Leben und Marnie lĂ€sst sich auf den Perversling Lennie ein, von dem sie sich UnterstĂŒtzung erhofft. TatsĂ€chlich bietet er den MĂ€dchen etwas wie ein Zuhause. Er ahnt, dass die MĂ€dchen ihn belĂŒgen, möchte sie aber nicht verlieren und geht auf ihre Geschichte ein. Ihren drogensĂŒchtigen Eltern trauern die MĂ€dchen nicht wirklich nach und Lennie ist der einzige Mensch, der ihnen bleibt.
NatĂŒrlich muss das löchrige LĂŒgengebilde der MĂ€dchen, die mĂŒhsam NormalitĂ€t vorgaukeln, bald wanken. Lennie ahnt, dass die Eltern der MĂ€dchen nicht im Urlaub sind. Dann taucht Izzys Vater Robert auf und sucht seine Tochter. Er stellt Fragen. Immer öfter scharrt Lennies Hund im Garten der MĂ€dchen herum, angelockt vom Geruch der Leichen.
Lisa O`Donnell erzĂ€hlt Marnies Geschichte auf brutale und einfĂŒhlsame Art zugleich. Zwei vernachlĂ€ssigte Glasgower MĂ€dchen, deren einziger Halt ein stadtbekannter Perverser ist, die bisher nicht viel Gutes erlebt haben, mĂŒssen sich in einer neuen Extremsituation zurecht finden. Der Roman beginnt mit einem Paukenschlag und das ErzĂ€hltempo hĂ€lt mit dem Ereignis Schritt. Abwechselnd aus Sicht der MĂ€dchen und Lennies Sicht geschildert, erhĂ€lt der Leser Einblick in die Ereignisse. Dabei versteht es die Autorin, den Figuren eine unterschiedliche, unverwechselbare Sprache zu verleihen.
Die Geschichte der MĂ€dchen berĂŒhrt den Leser deshalb so tief, weil es nicht um die AufklĂ€rung der TodesfĂ€lle geht, sondern der Roman zwei Heranwachsende begleitet, die sich in einer extremen Ausnahmesituation befinden und ihren Weg ins Erwachsensein finden mĂŒssen.
Lisa O'Donnell: Bienensterben.
Dumont, Oktober 2013.
319 Seiten, Gebundene Ausgabe, 16,99 Euro.