Unsere Literaturzeitschrift Schreib-Lust Print bietet die neun besten Geschichten eines jeden Quartals aus unserem Mitmachprojekt. Dazu Kolumnen, Infos, Reportagen und ...
John Egan`s Lieblingsbuch ist das „Guinessbuch der Rekorde“. Er möchte selbst auch in diesem Kabinett der kuriosen Rekorde aufgelistet werden und hat gute Chancen: Voll im Stimmbruch ist er bereits über 1,70 Meter groß. Aber die Gabe, mit der er Einzug ins Buch finden möchte, ist die eines wandelnden Lügendetektors, denn er ist davon überzeugt, jede ausgesprochene Lüge sofort zu erkennen. In seinen Eltern, mit denen er gerade erst wieder bei Großmutter eingezogen ist, hat er die passenden Übungskandidaten. Als John eine Lüge seines arbeitslosen Vaters aufdeckt, kommt es zur Tragödie.
Die 39-jährige M. J. Hyland erzählt in „Die Liste der Lügen“ mit zarter Stimme die Geschichte eines Sonderlings. Dabei gelingt ihr, ohne in den üblichen wirren des Familienromans aufzugehen, ein sozialkritisches Bild der Zeit irischer Arbeitslosigkeit in den siebziger Jahren darzustellen. Die dramatische und unaufhaltsame Irrfahrt des Jungen, der zerrissen ist zwischen einem arbeitslosen Vater, einer depressiven Mutter und dem Wahn, ins Guinnessbuch aufgenommen zu werden, wurde für den Booker Prize nominiert. Der Leser wird durch die permanenten Dialoge in ein Lügensystem voller leerer Versprechungen und Unaufrichtigkeiten gezogen. Allerdings plätschert das Buch die ersten 100 Seiten leider nur vor sich hin, um dann gewaltig an Fahrt aufzunehmen.
M. J. Hyland: Die Liste der Lügen.
Piper, August 2007.
384 Seiten, Hardcover, 19,90 Euro.