Unsere Literaturzeitschrift Schreib-Lust Print bietet die neun besten Geschichten eines jeden Quartals aus unserem Mitmachprojekt. Dazu Kolumnen, Infos, Reportagen und ...
In Berlin ist ein rĂ€tselhafter Virus ausgebrochen: Tote kommen zurĂŒck und greifen Lebende an. Bisher hat sich das PhĂ€nomen auf Kreuzberg und Neukölln begrenzt gehalten. Vor allem auch, weil eine groĂe Mauer um die beiden Stadtbezirke errichtet wurde, eine Mauer, die Tag und Nacht von ScharfschĂŒtzen und MilitĂ€rs bewacht wird. Der korrupte Politiker Olaf Sentheim wittert seine Chance. In einem brisanten Buch stellt er die tĂŒrkische Bevölkerung als TrĂ€ger eines bestimmten Gens dar, welches Menschen anfĂ€llig macht fĂŒr den Virus. Warum sonst sollten nur Menschen mit Migrationshintergrund bisher zu den Opfern zĂ€hlen? Doch die Reporter Sarah und Robert wissen es besser. Sie kennen Filmmaterial, in dem auch ein deutscher Arzt und seine Kollegin zu lebenden Toten werden. Die ganze Stadt ist plötzlich in Gefahr!
Huths Roman ist genial, aber man muss ihn mögen! Er hat erfrischend andere Zombieliteratur verfasst, die dadurch keinen Deut weniger spannend ist. DafĂŒr allerdings mit einer groĂen Portion Politik versehen. Viele der beschriebenen Figuren wollen politisch Einfluss nehmen und das Geschehen fĂŒr ihren persönlichen Aufstieg nutzen. âBerlin Reqiuemâ hat nichts mit Splatterromanen zu tun. Es ist mehr besonnen, aber durchaus eine Horrorversion. Viele der beschrieben Szenen erinnern nur zu deutlich an das NS-Regime â und dieser Vergleich ist ĂŒberaus gewollt. Huth zeigt unter anderem, dass sich derartige Schreckensvision jeder Zeit wiederholen können.
âBerlin Reqiuemâ ist nicht gemacht fĂŒr den klassischen Fantasy- oder Horrorleser. Es ist kein Buch zum Berieseln lassen oder zum reinen Gruseln. Hier darf auch nachgedacht und hinterfragt werden. Man erhĂ€lt ein gutes Rundumpaket zur Situation. Die meisten der beschriebenen Figuren sind im Journalismus oder der Politik angesiedelt. Besonders stechen Sarah und Ben hervor, zwei Reporter, die auf eigene Faust in das abgesperrte Territorium vordringen. Sie auf der Suche nach dem tĂŒrkisch-stĂ€mmigen Teil ihrer Familie, er auf der FĂ€hrte einer groĂartigen Story.
Ein ungewöhnlicher, aber guter Roman! âBerlin Reqiuemâ lĂ€sst sich in keine vorgefertigten Schablonen drĂŒcken und ist vor allem fĂŒr all jene etwas, die politischen RĂ€nkelspielen gegenĂŒber nicht abgeneigt sind.
Peter Huth: Berlin Requiem.
Heyne, April 2014.
336 Seiten, Taschenbuch, 12,99 Euro.