Softwareentwickler Ed steckt mĂ€chtig in der Klemme. Er ist angeklagt wegen Insiderhandels und selbst sein bester Freund und Kollege darf aus ermittlungstechnischen GrĂŒnden nicht mit ihm reden. Auch Putzfrau Jess steckt in der Klemme, allerdings ganz anders. Sie ist alleinerziehend mit zwei Kindern, eins von ihnen mit einer groĂen Begabung fĂŒr Mathematik. Als das MĂ€dchen, Tanzie, die Chance erhĂ€lt, an einer Mathe-Olympiade teilzunehmen, setzt Jess alles daran, mit Tanzie und Nick nach Schottland zu reisen. Mit den 5000 Pfund Preisgeld könnte sie Tanzie den Besuch einer Eliteschule ermöglichen, in der ihre FĂ€higkeiten optimal gefördert wĂŒrden. Doch die Reise ist zum Scheitern verurteilt mit dem alten Wagen ihres Mannes, der seit Jahren weder eine Werkstatt von innen noch einen Scheck ĂŒber eine Versicherungssumme gesehen hat. Da treffen Ed und Jess aufeinander.
Eigentlich beginnt âWeit weg und ganz nahâ sehr langweilig. Man quĂ€lt sich gut achtzig Seiten durch Eds Gejammere und Jessâ GelĂ€ster mit einer Freundin â und nichts passiert! Das ist man von der Erfolgsautorin Jojo Moyes nicht gewohnt. Und doch beweist âWeit weg und ganz nahâ dann allmĂ€hlich, dass es wirklich der erste Roman in deutscher Ăbersetzung ist, den die Autorin nach ihrem Erfolg âEin ganzes halbes Jahrâ geschrieben hat. Die Geschichte schleicht sich auf leisen (Riesenhund-)Pfoten in die Herzen der Leserinnen und das liegt nicht nur an dem groĂen schwarzen HundeungetĂŒm namens Norman, das stets auf der RĂŒckbank von Eds teurem Audi sitzt, wĂ€hrend die ungleiche Gruppe mit immerhin 40 Meilen pro Stunde nach Schottland reist, nur damit Tanzie nicht schlecht wird beim Autofahren.
Der Roman ist voll von sympathischen, keinesfalls ĂŒberzogenen Witzen und einigen anrĂŒhrenden Szenen. Ed und Jess könnten dabei unterschiedlicher kaum sein. Er muss auf Geld nicht achten, geht gerne in Restaurants und lĂ€sst es sich auch sonst im Leben gut gehen. Jess hingegen muss jeden Penny doppelt umdrehen, kann sich kaum etwas leisten und steht zwangslĂ€ufig auf selbstgemachte Sandwiches, die deutlich billiger sind als ein Besuch bei McDonaldâs mit der ganzen Familie. Diese beiden Menschen ĂŒber Tage zusammen in einem Auto â das kann nicht gut gehen! Aber das tut es, zumindest fĂŒr die Leserinnen. âWeit weg und ganz nahâ ist zwar deutlich weniger anrĂŒhrend als der vorherige Romanerfolg der Autorin, aber mindestens genauso sympathisch. Nach den Startschwierigkeiten fliegt die Geschichte nur so dahin, amĂŒsiert und rĂŒhrt teilweise auch an. Man fiebert ganz automatisch mit und lĂ€sst sich mit den Figuren mitreiĂen.
Endlich wieder ein gelungener Moyes-Roman! âWeit weg und ganz nahâ lĂ€sst auf viele weitere schöne Lesestunden hoffen, die aus der Feder der Autorin kommen werden.
Jojo Moyes: Weit weg und ganz nah.
rororo, Mai 2014.
512 Seiten, Taschenbuch, 14,99 Euro.