â... Im nĂ€chsten Moment schĂ€mte ich mich ... was glaubst du eigentlich, wer du bist? Dreiundvierzig Jahre lang warst du unauffĂ€llig, hast dich zurĂŒckgehalten, hast dich nie vorgedrĂ€ngt, hast immer alle anderen gewinnen lassen, nicht aus edlen Motiven, nein, zumeist aus reiner Bequemlichkeit und weil du dich eben gut kennst: Du bist nicht der Typ, der fĂŒr die groĂen Dinge vorgesehen ist. ...â (S.117/118)
Gerold ist inzwischen ein heruntergekommener Journalist und alkoholkrank wie einst sein Vater. FĂŒr ein Tageblatt schreibt er kleine Meldungen. Eines Tages erfĂ€hrt er von seiner verflossenen Geliebten, er habe einen vierzehnjĂ€hrigen Sohn. Manuel brĂ€uchte eine Nachmittagsbetreuung, wĂ€hrend sie fĂŒr sechs Monate beruflich in Afrika sei. Und nun sitzt Manuel jeden Nachmittag fĂŒr ein paar Stunden in seinem BĂŒro, ohne zu wissen, wer genau Gerold ist. Beide beobachten sich beim Nichtstun. Kurz nach ihrem Kennenlernen wird die erste anonyme Spende zusammen mit dem von Gerold verfassten Artikel abgegeben. Weitere anonyme Spenden folgen, und in jedem Geldumschlag liegt eine von Gerolds Zeitungsnotizen. Nicht nur in Manuels Augen bekommt der Journalist auf einmal den Status eines Helden. Auch die Presse und die begeisterten Leser spielen verrĂŒckt. AllmĂ€hlich sieht es so aus, als wĂ€re Gerold doch fĂŒr groĂe Dinge vorgesehen.
Der Bestsellerautor Daniel Glattauer, geboren 1960 in Wien, hat in seinem Roman âGeschenktâ den tragischen Helden in moderner, humorvoller Weise zum Leben erweckt. Sein Held/Herold macht tĂ€glich auf MissstĂ€nde aufmerksam. Und abends sitzt er mit seinen ebenfalls erfolglosen Zechkumpanen in Zoltanâs Bar herum. Das nĂ€chste Bier ist ihm so wichtig, dass in seinem Leben nichts anderes mehr Platz hat. Weder fĂŒr die Exfrau, noch fĂŒr seine ihm noch immer fremde Tochter. Das Vatersein im Hinblick auf Manuel muss Gerold neu erfinden, wenn er die nicht gleichen Fehler wie sein eigener Vater machen will. Charmant und mit leisem Humor wird die Entwicklung eines Mannes beschrieben, der fast alles verloren hat und sich nun auf der GewinnerstraĂe behaupten muss. Die kurzweilige Vater-Sohn-Geschichte liest sich aber auch wie eine kulturelle Komödie, in der Verkaufszahlen und Ăffentlichkeitsarbeit ein kaum zu kontrollierendes Eigenleben hat.
â... War das die groĂe Geschichte in der Zeitung?â fragte sie. Menschen, die nicht selbst in der Zeitung arbeiteten, verwendeten gerne den Singular âin der Zeitungâ, als gĂ€be es weltweit nur eine Zeitung.â (S. 125)
Fazit: Lesen!
Daniel Glattauer: Geschenkt.
Deuticke, August 2014.
336 Seiten, Gebundene Ausgabe, 19,90 Euro.