Das Ruhrgebiet ist etwas besonderes, weil zwischen Dortmund und Duisburg, zwischen Marl und Witten ganz besondere Menschen leben. Wir haben diesem Geist nachgespürt.
Manche Bücher sollten erst auf Seite 200 beginnen oder zumindest 150 Seiten in der Mitte auslassen. „Das Lügenhaus“ von Anne B. Ragde, ein Bestseller aus Norwegen, ist so ein Buch: Spannend und überraschend am Schluss, geheimnisvoll zu Beginn, episch lang in der Mitte.
Die drei Brüder, die nach Jahrzehnten auf dem Hof der Eltern wieder zusammen kommen, als die Mutter im Sterben liegt, lernen wir nacheinander kennen. Dann lernen sie sich und ihre düsteren Familiengeheimnisse kennen. Eine unbekannte, vor den anderen Familienmitgliedern versteckte Tochter taucht auf, und hinter einer Fassade des Verfalls kommen immer mehr Lügen und Geheimnisse zum Vorschein.
Die Söhne, ein schwuler Schaufensterdekorateur, ein Bestatter und ein Schweinezüchter, arbeiten ihre Familiengeschichte mühsam auf. Die 51-jährige Bestsellerautorin beschreibt die Eigenarten dieser sonderbaren Familie in vielen Details, in einer schönen Sprache, aber mit Längen.
Der Vater hockt fast teilnahmslos dabei, er gehört zu Kategorie Mensch, die willenlos und fast unsichtbar 80 Jahre lang ihr Leben gelebt haben. Wenn er zum ersten Mal sein Schweigen bricht, sorgt er am Schluss mit einem überraschenden Geständnis für ein fulminantes Finale, das mit dem epischen Mittelteil des Buchs versöhnt.
Anne B. Ragde: Das Lügenhaus.
btb Verlag, 2007.
320 Seiten, Hardcover, 17,95 Euro.