Ruth Rothwax ist Mitte fünfzig, hat drei erwachsene Kinder und einen Ehemann, der meistens im Ausland ist. Ihr Geld verdient sie, indem sie persönliche Grußkarten für gut betuchte New Yorker entwirft. Das Leben zwischen Büro und Treffen mit Freundinnen gerät durcheinander, als ihr Vater von Melbourne nach New York zieht. Edek ist bereits siebenundachtzig, aber noch topfit und unverwüstlich- schließlich hat er Auschwitz überlebt. An einen geruhsamen Lebensabend denkt er nicht im Traum. Stattdessen beginnt er, in Ruths Firma mitzumischen. Ruth sieht die Aktivität ihres Vaters mit gemischten Gefühlen. Sie freut sich, nach langer Zeit mit ihm zusammen zu sein, doch es nervt sie, dass er in ihrer Firma alles durcheinanderbringt. Eine nette Frau würde ihn ablenken, meint sie. Als diese aber in Gestalt der Polin Zofia auftaucht, einer munteren Endsechzigerin, die zusammen mit ihrer Freundin Walentyna und Edek eine Art WG gründet, ist Ruth schwer beunruhigt. Beide Damen haben in der Greencard-Lotterie gewonnen und wollen nun in der Lower East Side, in einer tristen Strasse zwischen Autowerkstätten und leer stehenden Läden, einen Imbiss eröffnen. Helfer haben sie genug, und Ideen ebenso. Klopse sollen es sein, in allen nur denkbaren Variationen von klassisch-polnisch bis exotisch-vegetarisch. Ein Vorhaben, das Ruth und ihre Freunde von vornherein für gescheitert erklären. Doch das hochmotivierte Senioren-Trio überrascht am Ende alle...
Erzählt wird aus der Perspektive der stets ängstlichen und skeptischen Ruth, und so manches Mal möchte man ihr als Leser zurufen: sieh nicht alles so verbissen! Was immer Edek und seine Freundinnen tun- Ruth hat ständig Angst, dass alles schief geht. Sie grübelt, analysiert, will alles unter Kontrolle haben. Dagegen sind Edek und Zofia lebenslustig und zupackend, so dass der Leser sie bald ins Herz schließt.
Mit viel trockenem Humor beschreibt Lily Brett eine jüdische Familie, typisch New Yorker Befindlichkeiten und last not least eine Liebesgeschichte zwischen alten Menschen. Der Roman balanciert mit Leichtigkeit über das schwere Thema „jüdische Emigranten“ hinweg, ist manchmal etwas zu lang, doch immer unterhaltsam. Der deutsche Titel „Chuzpe“(jiddisch für: Dreistigkeit, Frechheit) scheint mir mal wieder eine Notlösung zu sein- dieses Wort kommt im ganzen Buch nicht vor. Der Originaltitel lautet: „You gotta have balls“ -Name und Leitmotiv des Restaurants. Frei übersetzt: Klops braucht der Mensch!