Ein Krimi muss nicht immer mit Erscheinen des Kommissars am Tatort beginnen. Dass es auch anders geht beweisen die Autoren mit ihren Kurzkrimis in diesem Buch.
Im August 2003 erschlug Bertrand Cantat, Sänger der Rockband „Noir Désir“ und Idol seiner Generation, seine Geliebte, Marie Trintignant, auf brutale Weise. Der Drehbuchautor Gilles erhält den Auftrag, ein Drehbuch über das Paar Marie- Bertrand zu schreiben. Was konnte Bertrand dazu bringen, seine große Liebe zu töten? Doch diese Frage wird nie geklärt. Gilles fällt es bald immer schwerer, zwischen Wirklichkeit und Fiktion zu unterscheiden, die Recherchen für das Drehbuch bestimmen bald sein eigenes Leben. „Du lebst wie im Film, warf sie mir vor. Kamerafahrten, Vogelperspektiven, Close-ups, immer bist du zu fern oder zu nah. Du lebst im Möglichen statt im Konkreten. Alles wird dir zum Drama hinter deiner Stirn (...). Du erfindest für alle Menschen, die du siehst, deine Geschichten, nur deine eigene Geschichte findest du nicht.“ (Seite 71) Das Romandebüt des Münchners Albert Ostermaier ist ein postmodernes Vexierspiel. Die Grenzen zwischen Gilles und Betrand, Marie und Cathy (Gilles Ehefrau) verwischen, bis Gilles am Ende nicht mehr weiß, ob er nicht selbst auch ein Mörder ist.
Auf jeder Seite merkt man, dass Albert Ostermaier eigentlich kein Romancier sondern Lyriker ist. Es fällt schwer, beim Lesen auf den Inhalt zu achten. Wie auch bei einem Gedicht, entfalten die Worte eine Sogwirkung, dass der Inhalt der Geschichte beinahe Nebensache wird. „Ich habe Durst nach dir, ich bin so durstig, atemlos, ich schlürfe das Gift.“ Und so fühlt sich auch der Leser: atemlos liest er Seite um Seite, um am Ende, postmodern eben, ohne Antworten zurückgelassen zu werden, betrunken vom „Gift“.
Albert Ostermaier: Zephyr.
Suhrkamp, Februar 2008.
224 Seiten, Hardcover, 17,80 Euro.