Mike Anthony, ein erfolgreicher New Yorker Autor, fürchtet die Stadt, in der er lebt, plötzlich. Der gewaltsame Tod eines Freundes, die täglichen Schreckensmeldungen in den Nachrichten – all das setzt dem Mann zu. Er will weg, will seine Familie in Sicherheit bringen. Raus aus dem gefahrvollen Big Apple, weg von Staub, Lärm, Verbrechen.
Es trifft sich, dass just in dieser Zeit Mikes Großmutter stirbt, eine verschrobene alte Frau, die in einem kleinen Kaff in Missouri lebte. Als Kind, nach dem Tode seiner Eltern, lebte Mike eine Zeit lang bei ihr. So lange, bis die Behörden eingriffen und ihn fortbrachten.
Daher ist es für den Autor eine Reise in seine eigene Vergangenheit, als er uns seine Familie aufbrechen, um aus der quirligen Großstadt in das verschlafene Nest seiner Kindheit zu ziehen. Auch wenn seine Tochter davon kaum begeistert ist, muss sie doch ihre Freunde, ihre gewohnte Umgebung und die Shops zurücklassen, an die sie sich gewöhnt hat. Anders als ihr kleiner Bruder hasst sie es, New York verlassen zu müssen.
In ihrem neuen Heim angekommen werden die Anthonys nicht nur mit einem völlig heruntergekommenen Haus konfrontiert, sondern nach und nach auch mit dem Misstrauen der Bewohner. Schließlich galt Mikes Großmutter als verrückt. Etwas, das sogar die Kinder schon wissen und entsprechend spotten.
Doch all dies ließe sich noch verkraften, würden in dem Haus nicht zunehmend mysteriöse Dinge geschehen. Auf neu verlegten Fliesen zeigen sich Flecken mit eindeutig menschlichen Zügen, die Wände wackeln, nimmt man eine alte Maske von der Wand und immer wieder huschen Schatten und Wesen durch die Räume.
Was verbirgt sich in dem Haus? War Mikes Großmutter wirklich verrückt, oder wurde sie von diesen Phänomenen gequält?
Das Grauen nimmt seinen Lauf und bald muss Mike feststellen, dass er seine Familie in einen wahren Alptraum gebracht hat. In einen Alptraum, der das Leben aller fordern kann ...
Owl Goingback, der mit »Crota« den Bram Stoker-Award gewann, wurde auch für das vorliegende Buch für eben jene Auszeichnung nominiert. Und das zu recht, denn auch wenn sich »Dunkler als die Nacht« völlig anders liest als Crota, schafft es Goingback doch, den Leser an die Seiten zu fesseln.
Die Story beginnt behutsam, um sich nach und nach zu einem Horrorszenario zu steigern. Dabei legt der Autor nicht nur ein Augenmerk auf die eigentliche Handlung, sondern beschreibt auch die Schwierigkeiten, mit denen sich seine Protagonisten in ihrer neuen Umgebung konfrontiert sehen. So werden die Kinder früh zum Gespött ihrer Mitschüler, während Mikes Frau in einem Supermarkt auf Probleme trifft.
Bei der Beschreibung der Figuren konzentriert sich Goingback ganz auf die Protagonisten. Alles um sie herum bleibt daher ein wenig schwammig, was meist nicht schlimm ist, hin und wieder jedoch den Wunsch des Lesers weckt, ein wenig mehr über die eine oder andere Person zu erfahren. Hier hebt sich der Autor deutlich von jenen Kollegen ab, die jeder noch so kleinen Randfigur eine komplette Vita mit auf den Weg geben – nur um sie nach ein paar Zeilen Handlung sterben zu lassen.
Die Story an sich ist durchdacht, die Motivation der handelnden Figuren jederzeit nachvollziehbar. Helden, die mit jeder Schwierigkeit fertig werden, sucht man in diesem Buch vergebens. Es sind Leute aus der Nachbarschaft, ganz normale Menschen, die sich plötzlich dem Grauen gegenübersehen, es akzeptieren und aus dem Haus haben wollen. Die Panik, die sie dabei empfinden, die Schmerzen und Verzweiflung sind für den Leser gut nachzuvollziehen. Auch wenn dem Buch das Schnelle von Crota fehlt. Und dies ist auch gut so, denn »Dunkler als die Nacht« verläuft exakt in dem Tempo, in dem die Geschichte erzählt werden muss.
Und, wie bei einem indianischen Autor nicht anders zu warten, spielen auch diesmal Legenden der Ureinwohner Nordamerikas mit in den Plot hinein.
Das Buch selbst ist, wie bei jedem Buch aus diesem Verlag, sehr gut verarbeitet, das Cover stimmungsvoll. Somit macht es sich auch gut in einem Regal.
Fazit: Ein gelungener Roman, der die Leser mit anspruchsvollem, sich langsam entwickelndem Grauen verwöhnt. Ein Muss für Horror-Fans.
Owl Goingback: Dunkler als die Nacht.
Otherworld Verlag, März 2008.
368 Seiten, Taschenbuch, 9,95 Euro.