Gruselig geht's in unserer Horror-Geschichten- Anthologie zu. Auf Gewalt- und Blutorgien haben wir allerdings verzichtet. Manche Geschichten sind sogar witzig.
John „Jalal“ Wells ist ein Undercover-Agent der CIA. Sein Auftrag lautet, das Netz der Al-Quaida zu unterwandern und, falls es sich ergibt, Osama Bin Laden auszuschalten. Seit Jahren hat die CIA kein Lebenszeichen mehr von ihm erhalten und da er weder den Anschlag vom 11. September verhindern konnte, noch in irgendeiner Art und Weise seine Loyalität zu erkennen gibt, gilt er als Überläufer.
Was niemand weiß ist, dass er nun tatsächlich einen Auftrag von ganz oben in der AL-Quaida bekommen hat. Und der führt ihn direkt zurück in die Vereinigten Staaten. Leider steht er nun als möglicher Überläufer ganz oben auf der Liste der CIA und auch die Drahtzieher um Bin Laden haben nicht genug Vertrauen zu ihm, um ihn in die ganze Tragweite ihres Planes einzuweihen. So hängt er zwischen den Fronten während eine erneute Serie von Anschlägen über Amerika niedergeht. Da er von nichts weiß, kann er auch nichts verhindern oder warnen und das treibt ihn immer tiefer in das Netz von Verschwörungen und Misstrauen. Als er endlich seine Rolle in dem teuflischen Plan des Terrors erkennt, ist es zu spät, die Behörden zu informieren und im Alleingang muss er das Schlimmste verhindern.
Der packende Thriller von Alex Berenson besticht durch seine schnellen Schnitte und seine gut recherchierte Geschichte. Sein Held im klassischen Stil des einsamen Kämpfers für Gerechtigkeit würde bei einer Verfilmung mit Sicherheit von Bruce Willis gespielt werden. Teilweise sehr patriotisch, aber auch häufig kritisch durchleuchtet er die verlogene Maske der CIA, aber auch des fundamentalistischen Terrors. John ist immerhin Muslime geworden, dieser Glaube bringt ihm mehr, als das verheuchelte Gesicht des klassischen amerikanischen Christentums. Trotzdem glaubt er weiterhin daran, dass der Terror nicht die Überhand gewinnen darf und dass Unschuldige nicht sterben dürfen, nur weil irgendein selbst ernannter Erhalter der Freiheit das so beschließt.
Aufregend aktuell und mit einem weisen Blick in die Zukunft malt er ein Bild von einer neuen, noch erschreckenderen Ebene des Terrors, der nicht von außen kommt, sondern direkt in den Keimzellen der zukünftigen Elite Amerikas und Kanadas aufwacht. Der teilweise sehr verzweifelte Versuch eines Mannes, diesen Terror zu verhindern, scheint mit Fortschreiten des Buches immer mehr zum Scheitern verurteilt. Auch die obligatorische Liebesgeschichte, die in keinem amerikanischen Roman fehlen darf, wird nicht zu stark ausgewalzt, sondern bleibt im realistischen Rahmen. Als Leser zittert man die ganze Zeit mit und hofft auf einen guten Ausgang, auch wenn John von allen Seiten immer tiefer in die Schubladen des Terrors und des Amerikaners geschoben wird, ohne irgendwo hineinzupassen. Als Märtyrer darf er immerhin für die Freiheit sterben, auch wenn er nie zum inneren Kreis der Al-Quaida gehören wird. Doch dies wäre kein großer, patriotischer Roman, wenn nicht am Ende alles gut ausgehen würde... Oder doch nicht?
Dieses Buch ist nicht nur spannend, sondern ein must-read, wenn man gewisse Vorgehensweisen vor allem in der amerikanischen Welt verstehen und nachvollziehen will. Ob die Vorgänge tatsächlich so sind, wissen nur die Befehlshaber der CIA und der Al-Quaida, aber möglich ist es. Und diese Möglichkeit ist vielleicht sogar interessanter und packender, als es die Wirklichkeit je sein kann.
Alex Berenson: Kurier des Todes.
Heyne, Januar 2008.
512 Seiten, Taschenbuch, 8,95 Euro.