Das Ruhrgebiet ist etwas besonderes, weil zwischen Dortmund und Duisburg, zwischen Marl und Witten ganz besondere Menschen leben. Wir haben diesem Geist nachgespürt.
Ehrlich, lange nicht mehr so gelacht. Ich glaube, ein Buch das mich in ähnlich gute Laune versetzt hat, war diese Tourismus Satire MOLWANIEN – Land des schadhaften Lächelns. Hier wurde köstlich über den Reiseführerwahn hergezogen.
Jetzt liegt - das Logbuch des Herrn Johann Gottlieb Fichtl – vor. Hintergrund: eine Tippgemeinschaft gewinnt einen Volltreffer, aber richtig viel kommt nicht dabei rum. Man beschließt, einen aus der Runde, per Los, auf die MS Europa zu schicken, der dann eine Weltreise antreten darf. Nun muss man wissen, dass die MS Europa, das angeblich am besten bewertete Kreuzfahrtschiff der Welt ist. Und dann eben entsprechend teuer ist und das sich der gewöhnlich Sterbliche normalerweise auch nicht leisten kann. Und schon fängt die Satire an. Schon vom ersten Tag wird fein beobachtet, man taxiert sich gegenseitig, ob man ein ganz Großer ist, oder sonst wie zu Geld gekommen ist. Das einer irgendwie arm sein kann, kommt in dieser Welt gar nicht vor. Aber entsprechend lustig ist das alles aufgearbeitet. Wir lernen die skurrilsten Ticks der Mitreisenden kennen und unser Fichtl ist die ganze Zeit in der Lage, seinen Dunstkreis geheim zu halten. Fortan ist er der Herr Doktor. Und als solcher natürlich, weil vermeintlich ein ganz Großer, gehört er ab sofort dazu.
Also ab auf Weltreise. Jetzt könnte man vermuten, wir lernen die unglaublichsten Sehenswürdigkeiten kennen, die so ein Schiff auf Weltreise quasi nebenbei einsammelt. Nein, die werden irgendwann beliebig und man sehnt sich nach den Landgängen ganz schnell wieder zur Hütte (MS Europa) zurück. Toll, wie der Autor die Weltwunder liegen lässt und sich der Psyche von diesem Kreuzfahrtklientel nähert: Ist das schon eine Ruine oder ist das noch ein Neubau?
Überdeutlich wird nach 180 Tagen Weltreise, dass die Welt eigentlich für den MS Europa Kreuzfahrer völlig uninteressant ist. Wichtig ist, dass man die Nadel bekommt für 150, 300 nein bis zu 2000 Tagen auf dem Schiff. Es gibt Menschen dort, die eigentlich gar nicht mehr woanders leben können oder wollen. Und uns sollte klar werden, dass diese Form von Reisen nichts damit zu tun hat – Land und Leute – kennen zu lernen, sondern sich darin zu aalen, zur Kreuzfahrtfamilie zu gehören. Die den Eingeborenen am liebsten als folkloristischen Schatten in Erinnerung behält und der sich zu Hause bei der Diashow dann fragt, wie kommt das Taj Mahal gezz in die Tüte Mikronesien? Ach ist auch scheißegal. Eben.
Matthias Politycki: In 180 Tagen um die Welt.
marebuchverlag, März 2008.
384 Seiten, Hardcover, 24,90 Euro.