Randy Pausch: Last Lecture - Die Lehren meines Lebens
Auch wer sterbenskrank ist, und den Tod vor Augen hat, muss sich doch auch einer ganz profanen Kritik stellen. Denn wenn man meint, eine literarische, oder was immer damit gemeint ist, Duftnote zu hinterlassen - also dieses Buch veröffentlicht - in der Annahme, noch mal einen ganz großen Wurf gelandet zu haben, muss sich nicht wundern, wenn der Schuss nach hinten losgeht. So wie hier. Ich kann mir nicht helfen, dieses Buch ist so was von typisch amerikanisch und hat etwas Klebriges, Predigerhaftes an sich, dass ich oft sprachlos war, ob der Banalitäten, die Pausch und sein Co-Autor Jeffrey Zaslow hier von sich gegeben haben. Da stehen allen ernstes Sachen drin wie:
"Nur wer fragt, kriegt auch Antworten" oder "Mauern sind da, um überwunden zu werden" oder noch arger (und das Foto hat er sich extra aus der Zeitung ausgeschnitten) "Es ist das Foto einer Schwangeren, die gegen eine Baustelle im Ort protestierte. Sie war besorgt, dass der Lärm ihrem ungeborenen Kind schaden könnte. Zwischen den Fingern hielt sie eine Zigarette. Wenn sie sich Sorgen um ihr ungeborenes Kind machte, hätte sie die Zeit, die sie mit ihrem Protest gegen Presslufthämmer verbrachte, gewiss besser genutzt, wenn sie die Zigarette ausgemacht hätte"(!) Derlei rudimentäre Lebensweisheiten finden sich in einer unsagbaren Fülle. Dabei ist die Intention klar: Pausch macht sich die größte Sorge darüber, dass seine Kinder ihn irgendwie vergessen könnten. Und was ist er für ein toller Mann! Allerdings bewegt er sich im Buch meistenteils zwischen virtuellen Welten und Disneyparks. Pausch ist Technik-Professor und seine Welt, und die seiner Studenten, ist eben eine Virtuelle. Hier erfinden sie die animierten Computerspiele für die Kids, die dann auf ihre Computertasten einhämmern und durch virtuelle Universen rasen. (Um ihre Träume zu verwirklichen - echt, so stehts da) Pausch, so scheint mir, ist in einer amerikanischen Wattewelt aufgewachsen, und irgendwie kommt was anderes auch gar nicht vor. Da ist das behütete und übertolle Elternhaus - er hat nämlich "in der Elternlotterie gewonnen" und noch den Jackpott geknackt - und er setzt das mit seiner Ehefrau Jai und seinen drei tollen Kindern fort. Jetzt kommt der Bauchspeicheldrüsenkrebs dazwischen. Man kann heute mit diesem mörderischen Krebs noch ein paar Jahre einigermaßen leben, der Tod kommt aber fast hundertprozentig - aller Chemo und Bestrahlung zum Trotz. So, wie damit umgehen? Sterben ist ernste Angelegenheit und man kann es schlecht üben. Aber in diesem Fall wünschte ich mir eher den alten Indianer zurück, der, nach meiner träumerischen Vorstellung, wenn es soweit ist, einfach geht - und nichts mehr sagt. Pausch setzt seine Kinder mit dieser Autobiographie schon jetzt damit unter Druck, damit sie ihn irgendwann posthum heilig sprechen. Aber wie so oft, irgendwann wird die Zeit ein Ei darüber schlagen. Jai wird einen neuen Mann haben und die Kinder gucken sich vielleicht Bilder von ihrem Vater an - oder eben das Video von der "Last lecture" - und sich eventuell fragen, warum keiner "hallelujah", dazwischen gerufen hat.
Randy Pausch: Last Lecture - Die Lehren meines Lebens.
Bertelsmann, April 2008.
240 Seiten, Hardcover, 16,95 Euro.