Mit drei Jahren versucht Anna Fitzgerald ihre Schwester Kate umzubringen. Dazu ist sie in ihr Schlafzimmer geschlichen und hat ihr das Kopfkissen über das Gesicht gelegt. Vater Brian kam zufällig ins Zimmer und rettete die Schwester. „Das ist nie passiert!“, hat der Vater gesagt.
Aber Anna erinnert sich noch sehr genau daran, was vor zehn Jahren geschehen ist. Und Anna hat es mittlerweile satt, für Ihre ältere, an Leukämie leidende Schwester als Ersatzteillager herzuhalten. Viel zu viele Operationen hat sie schon über sich ergehen lassen müssen und nun ist mit der geplanten Entnahme einer Niere das Maß voll. Anna verklagt ihre Eltern. Nie wieder soll ihr geschundener Körper der Schwester zur Verfügung stehen. Doch damit beschwört Anna ein Donnerwetter herauf, das nach und nach Einblicke in die Chronik einer vom Schicksal gebeutelten Familie preis gibt.
Beim Leben meiner Schwester ist das erfolgreichste Buch der 38-jährigen New Yorker Autorin Jodi Picoult. In einer aufwühlenden Geschichte zieht die Autorin den Leser in die Geschichte hinein. Sowohl Annas als auch die Position der Eltern und Geschwister sind plastisch und mit Liebe geschildert, so dass sich der Leser mit jeder Figur identifizieren kann. Schonungslos offen thematisiert Jodi Picoult ein Tabu – man spricht nicht darüber. Und doch: Was ist ein Mensch wert? Wie weit darf Liebe gehen, wenn sie für einen anderen Menschen verletzend wird? Ist die Entscheidung der Eltern ethisch tragbar?
Jodi Picoult lässt alle Charaktere zu Wort kommen, präsentiert die unterschiedlichsten Meinungen von den Familienmitgliedern bis hin zur Verfahrenspflegerin. Es ist schwer, das Buch zur Seite zu legen und Jodi Picoult legt mit einem fulminanten und äußerst überraschenden Schluss nach.
Fazit: Ein ganz besonderes Buch mit Tiefgang und Spannung.
Jodi Picoult: Beim Leben meiner Schwester.
Piper, Juni 2008.
480 Seiten, Taschenbuch, 8,95 Euro.
