Die Fantasy haben wir in dieser von Alisha Bionda und Michael Borlik herausgegebenen Anthologie beim Wort genommen. Vor allem fantasievoll sind die Geschichten.
Der psychotische Wayne Lock beobachtet den Mord an Howard Gardner, ausgefĂŒhrt durch dessen Frau und deren Liebhaber. Er weiĂ nicht, dass Howard den Tod verdient hat, weil er jahrelang seine Frau gequĂ€lt und missbraucht hat. Die beiden Mörder werden zu Helden in Waynes Fantasie, weil sie sich trauten, das erfolgreich auszufĂŒhren, was Wayne sich schon immer wĂŒnschte. Im Glauben, in den beiden Gleichgesinnte fĂŒr seine Perversionen gefunden zu haben, nimmt er mit ihnen Kontakt auf und beginnt eine gnadenlose Amokjagd nach allen Personen, die er ĂŒber die Jahre in sein kleines NotizbĂŒchlein geschrieben hat.
Jack Ketchum ist kein Autor, der sich in langweiligen Ermittlungen verstrickt und seitenweise falschen Hinweisen oder Kombinationen nachhĂ€ngt. Seine brutalen Morde und Vergewaltigungen werden nicht ausgeblendet, sondern schonungslos bis ins kleinste Detail geschildert. Dabei schreibt der Autor nicht fĂŒr schwache Nerven und seine Geschichten lesen sich durch den fast schon minimalistischen Schreibstil flĂŒssig und schnell. Leser und Story rasen in unglaublichem Tempo dem Schluss entgegen. Schade, dass Ketchum dabei schlichtweg vergessen hat, seinen Charakteren Tiefe zu geben. Diese bleiben, mit Ausnahme von Wayne, ziemlich blass.
Auch das Thema des Amok laufenden Serienkillers ist zwischenzeitlich etwas ausgelutscht und bietet daher nicht viel Neues. Trotzdem ist dieser im Heyne Hardcore-Label erschienene Thriller lesenswert, wenn auch nicht mit so genial wie die beiden VorgĂ€nger âEvilâ und âBeutezeitâ.
Fazit: Wer sich von BrutalitÀt nicht abschrecken lÀsst, erhÀlt einen soliden Thriller.
Jack Ketchum: Amokjagd.
Heyne, Juli 2008.
300 Seiten, Broschiert, EURO 8,95.