Der Tod aus der Teekiste
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Thomas Mann: Joseph und seine Brüder (1933-43)
Jetzt bestellen bei amazon.de! „Höchst liebenswürdig ist diese natürliche Geschichte, nur erscheint sie zu kurz, und man fühlt sich versucht, sie in allen Einzelheiten auszuführen.“

So sprach Goethe. Die „Geschichte“, die er meint, ist in der Bibel in der Tat nicht allzu lang: 1. Mose 25 bis 50; in meiner Ausgabe knapp über 30 Seiten. (Falls Sie gerade keine Bibel bei der Hand haben; im www. gibt es welche in allen Sprachen).
Thomas Mann nahm sich diese Aussage des Geheimrats zu Herzen. Sechzehn Jahre lang schrieb er insgesamt an den vier Romanen, zehn Jahre davon im Exil, nachdem er 1933 Deutschland verlassen hatte, und die Arbeit an den Romanen gab ihm nach eigenem Bekunden Halt in diesen unsteten Zeiten.

Er erzählt die Geschichte von Jaakob und seinen zwölf Söhnen. Was in der Bibel in 25 Kapitel passt, wird von ihm auf gekonnte Weise mit Leben gefüllt, der Leser taucht völlig ein in diese lange vergangene Epoche, durch Thomas Manns wortreiche Beschreibungen sieht man alles vor sich, als würde man es selbst erleben. Mit seiner ganzen Erzählkraft haucht Thomas Mann Personen, die in der Bibel nur kurz erwähnt werden, Leben ein, gibt ihnen Charakter und Handlungsmotiv, füllt Lücken, führt weitere Figuren ein.

Im ersten Band, nach einer nicht ganz leicht zu lesenden Einführung über die göttliche Schöpfung, lernt der Leser Joseph kennen, Jaakobs jüngsten und liebsten Sohn. Joseph ist anders als seine Brüder, er hat Visionen und gibt kindlich naiv mit seiner Weisheit an.
Anschließend geht der Autor in der Geschichte zurück und schildert das Leben Jaakobs: Seine Kindheit an der Seite seines Bruders Esau, den Betrug ihrer Mutter Rebekka, die Isaak, den Vater, täuschte, so dass Jaakob, der Jüngere, den Segen des Erstgeborenen erhält anstelle Esaus, Jaakobs anschließende Flucht. Bei seinem Onkel Laban findet er Unterschlupf und dient ihm. Nach sieben Jahren soll er Rahel, Labans Tochter, heiraten dürfen. Laban schiebt ihm jedoch zuerst die ältere Tochter Lea unter; für Rahel muss Jaakob weitere sieben Jahre dienen. Als sie endlich vereint sind, erweist Rahel sich als unfruchtbar. Hier gelingt es dem Autor, sich ganz in Rahel einzufühlen, die sich vergeblich nach Kindern verzehrt. So zeugt Jaakob zunächst mit Lea, dann mit den Mägden Bilha und Silpa zehn Söhne und eine Tochter, bis Gott Rahels Flehen erhört und ihr zwei Söhne schenkt: Joseph, und Benjamin, bei dessen Geburt sie stirbt. Jaakob rächt sich an Laban für den Betrug, indem er ihm eine große Menge Vieh durch eine List abspenstig macht und mit den Seinen von dannen zieht.

Der zweite Band schildert Joseph in jungen Jahren. Sein Vater bevorzugt ihn, erfreut sich an seinen Visionen und seiner lebhaften Fantasie, diskutiert über Gott und die Welt mit ihm. Eines Tages schenkt sein Vater ihm ein buntes Gewand. (1. Mose 37, Verse 3 und 4: „Und Israel [Jaakobs Name nach seinem Kampf mit Gott] liebte Josef mehr als alle seine Söhne, weil er der Sohn seines Alters war; und er machte ihm einen bunten Leibrock. Als aber seine Brüder sahen, dass ihr Vater ihn mehr liebte als alle seine Brüder, da hassten sie ihn und konnten ihn nicht grüßen“
Der Neid der Brüder und Josephs Vision - die Ähren seiner Brüder verneigen sich auf dem Feld vor seiner Ähre - führen dazu, dass die Brüder, als Joseph sie auf der Weite besucht, ihn erst in eine Zisterne werfen, und dann an vorbeiziehende ägyptische Händler verkaufen. Sie tränken das bunte Gewand mit dem Blut einer Ziege und behaupten Jaakob gegenüber, ein wildes Tier habe ihn gerissen. Jaakob vergeht fast vor Trauer.
Und während man in der Bibel nur liest (1. Mose 37, Vers 36): „Und die Midianiter verkauften ihn nach Ägypten, an Potifar, einen Kämmerer des Pharao, den Obersten der Leibwächter“, füllt Thomas Mann hier Lücken und erweckt die Midianiter zu Leben. Er schildert detailreich, wie Joseph nach Ägypten gebracht wird.

Im dritten Band geht es um Josephs Zeit in Ägypten und der Leser wird mitgenommen in eine Welt, die fremdartig und faszinierend ist. Joseph kommt in den Haushalt Potiphars, Kämmerer des Pharao. Er wird sein Vorleser und Leibdiener und diskutiert über den Glauben mit ihm. Durch geschicktes Wirtschaften mehrt er seinen Wohlstand und gewinnt im ganzen Land an Ansehen. Doch die Gattin Potiphars, Mut-em-enet genannt (hier zumindest; in der Bibel hat sie, wie so viele Frauen, keinen Namen), verliebt sich in Joseph und versucht, ihn zu verführen. Als er nicht darauf eingeht, behauptet sie, er habe sie angefallen, und lässt ihn einkerkern. Das ist jetzt eine sehr vereinfachte Zusammenfassung, denn der dritte Band ist zu reich an Inhalten und interessanten Figuren, um hier ins Detail zu gehen. Hervorgehoben seien der liebenswerte Mont-kaw, der Haushaltsvorstand des Potiphar, dem Joseph zu Hand geht und dem er ein Freund wird und der ebenso skurrile wir intrigante Dûdu, ein Zwerg, der Mut-em-enet beeinflusst.

Der vierte Band schließlich, „Joseph der Ernährer“, beginnt mit Joseph im Kerker. Wer die Bibel kennt, weiß, was geschieht. Dennoch ist das Buch hochspannend, zumal der Leser sich spätestens jetzt, so er die Bände hintereinander liest, an die üppige Sprache und den auktorialen Erzählton gewöhnt hat, der anfangs abschreckend gewirkt haben mag, und mehr und mehr in der Geschichte versinkt.
Joseph bringt zunächst Ordnung in die Geschäfte des Hauptmanns des Kerkers und wird dessen rechte Hand. Eines Tages werden der „Oberste der Bäcker und der Oberste der Mundschenke“ (des Pharaos) eingekerkert,, weil sie sich an ihrem Herrn „versündigten“ (1. Mose 40). Beide haben wiederkehrende Träume. Joseph deutet sie ihnen, und er deutet richtig. Der Mundschenk wird wieder reingewaschen werden, während der Bäcker hingerichtet wird. Als nun der Pharao von wiederkehrenden Träumen geplagt wird, erinnert sich der Mundschenk – nach einer geraumen Weile allerdings, in der Joseph weiterhin im Kerker schmort - an den jungen Mann. Pharao trägt Joseph seine Träume vor und Joseph deutet sie: Es werden sieben fette Jahre kommen, danach sieben Jahre der Dürre. Joseph ist so dreist, dem Pharao folgenden Rat zu erteilen: Sammele an Nahrung ein, was du nur kannst während der ersten sieben Jahre, so wird dein Land die Dürre überstehen. Beeindruckt von der Klugheit Josephs überträgt Pharao ihn mit dieser Aufgabe. Als schließlich die Hungersnot in Ägypten und allen Nachbarländern beginnt, kommen sie alle, um Korn zu kaufen. Und so schließt sich der Kreis, der Traum von den Ähren der Brüder Josephs, die sich auf dem Feld vor seiner Ähre verneigen, wird gedeutet, und Joseph holt schließlich seine Brüder und Jaakob nach Ägypten.

Natürlich sind diese vier Romane keine schnelle Lektüre für zwischendurch, und man muss sich beim Lesen konzentrieren. Doch es lohnt sich auch heute noch, sich auf die reiche Sprache und den Ideenreichtum Thomas Manns einzulassen – nicht zuletzt, um den eigenen Wortschatz zu erweitern. Ich empfehle, diese Tetralogie, die als Thomas Manns Hauptwerk angesehen wird, als einen Roman zu betrachten und hintereinander zu lesen. Joseph ist eine interessante, anrührende Figur, eitel und hochmütig anfangs, dabei als sehr schön geschildert, er erinnert an Tadzio aus „Der Tod in Venedig“. Zwei Mal stirbt er einen symbolischen Tod, erst in der Grube, dann im Kerker, und wird von Gott wieder emporgehoben. Joseph reift, er nutzt seine Macht nicht für sich, sondern wird mit seiner Weisheit zum Retter vieler Menschen.
„Denn ein Mann, der die Macht braucht, nur weil er sie hat, gegen Recht und Verstand, der ist zum Lachen.“ Dieses Zitat Josephs ist heute so aktuell wie damals. „Und so endigt die schöne Geschichte und Gotteserfindung von Joseph und seinen Brüdern.“

Thomas Mann: Joseph und seine Brüder (1933-43).
Fischer, 2007.
1344 Seiten, Hardcover, 25 Euro.

Susanne Ruitenberg

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