Der Tod aus der Teekiste
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Rex Miller: Fettsack
Jetzt bestellen bei amazon.de! Wie sehen Serienkiller aus? Geht man von den Fahndungsfotos und den Erkenntnissen des FBI aus, so entsprechen sie dem Durchschnitt. Sie ähneln dem Buchhalter von Nebenan, sind unauffällig, kleiden sich dem aktuellen Trend negierend eher zurückhaltend konservativ, wollen nicht auffallen.

Henry »Chaingang« Bunkoswki passt so gar nicht in das übliche Täterprofil. Mit weit über 500 Pfund Lebendgewicht passt er in keinen Kinositz, seine Kleidung muss er sich einzeln anfertigen lassen, von der Stange gibt es bei diesen Massen nichts mehr.

Vor Jahrzehnten hat ihn sein Vaterland gebraucht. In Vietnam war er als Ein-Mann-Stosstrupp unterwegs, und lernte den Vietkong das Fürchten. Trotz seines niedrigen, messbaren Intelligenzquotienten haben ihn die Schlitzaugen nie fangen können – sein siebter Sinn für Gefahren hat Zeit seines Lebens verhindert, dass man ihm auf die Schliche kam, oder gar fasste. Die Wissenschaftler der Army attestierten ihm in Stress- und Ausnahmesituationen Genialität, und waren froh, dass er im Asiatischen Dschungel seine Beute fand. Selbst, als er hinter den Linien strandete kam er zurecht – Menschliche Herzen, möglichst noch schlagend, erwiesen sich als Delikatesse, auf seinem Heimweg in die Staaten hinterliess er eine Spur des Grauens.

In seiner Heimat angekommen, konnte er seine perversen Gelüste nicht zügeln. Sexuelle Gewaltorgien, der Verzehr menschlicher Innereien, die Folterung von Kindern, Frauen und Männern, nur dies macht sein Leben lebenswert.
Im Grossraum Chicago geht er erneut auf Fangzug. Jack Eichord, Profiler und gefeierter Ermittler einer Spezialeinheit, die sich auf Serientäter spezialisiert hat setzt sich auf seine Spur. Eine Spur, die brutaler und perverser nicht sein könnte. Als Chaingang allerdings eine junge Mutter und ihre Tochter, zu der Jack eine persönliche Beziehung aufgebaut hat gefangen nimmt, ist schluss mit lustig ...



Was ist das für ein Roman der erstmals 1991 bei Bastei-Lübbe unter dem Titel »Im Namen des Todes« gekürzt und entschärft aufgelegt wurde?

1987 als erster Roman des ehemaligen Discjockeys veröffentlicht, erregte die Mischung aus ungezügelter Gewaltdarstellung und einem psychopathischen Massenmörder grosses Aufsehen. Kollegen wie Stephen King oder Piers Anthony ergingen sich in Lobeshymnen.

Ohne Scheuklappen berichtet der Autor in schockierenden auch pornographischen Details von den Taten des perversen Mörders, legt einen atemberaubend rasanten Plot vor.

Während der Leser zwischenzeitlich eine ganze Regalwand mit Büchern über Serientätern vorfindet, war »Slob« - so der Originaltitel der Wegbereiter dieses Subgenres. Plakativ werden die Gewaltverbrechen in den Vordergrund gestellt, auch die Trauer der Zurückgebliebenen findet seinen Platz, eine vielschichtige Charakterzeichnung aber erspart sich der Autor. Bewusst überschreitet Miller dabei die Grenzen des guten Geschmacks, will seine Leser mit den Beschreibungen schocken und so an die Seiten fesseln.

Und das funktioniert, auch nach Jahrzehnten noch erstaunlich gut. Man ist von dem wilden Tier »Chaingang« gegen seinen Willen fasziniert. Wenn er während der Ermordung seine sexuellen Höhepunkte sucht und findet stösst mich die Beschreibung zwar ab, dennoch klappte ich das Buch nicht zu.
Wie, warum, was – die Fragen die sich aufdrängen werden nicht beantwortet, ja sind Miller nicht wichtig. Ihm geht es darum seine Leser mit schockierenden Bildern bei der Stange zu halten, ihnen die Bestie Mensch in all seiner Skrupellosigkeit zu schildern.

Dabei nutzt er bekannte Vorlagen – der abgebrühte Detektiv, natürlich ein ehemaliger Alkoholiker der seine Arbeit als Ersatzbefriedigung für ein schlicht nicht vorhandenes Privatleben nutzt, die treusorgende alleinerziehende Mutter die in der Opferrolle über sich hinaus wächst, der krankhafte Geist des Killers der sich als Tierfreund entpuppt, das sind bekannte Muster.
Angereichert mit der ungeschönten, brutalen und deutlichen Beschreibung der Gewaltszenen, mit einer Polizei, die um ihre Ziele zu erreichen rücksichtslos vorgeht, mit zwei Männern, für die die Auseinandersetzung zu einer sehr persönlichen Sache wird nimmt Miller seine Leser gefangen. Auch wenn die Klischees reichlich bedient werden, wenn es stilistisch zwischenzeitlich wesentlich ausgefeiltere Thriller gibt, hat der Roman seine verstörende Wucht nicht verloren.

Rex Miller: Fettsack.
Edition Phantasia, Mai 2008.
269 Seiten, Taschenbuch, 15,90 Euro.

Carsten Kuhr

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