Das Ruhrgebiet ist etwas besonderes, weil zwischen Dortmund und Duisburg, zwischen Marl und Witten ganz besondere Menschen leben. Wir haben diesem Geist nachgespürt.
Sie entführen uns auf eine Reise durch Raum und Zeit. Sie – die Protagonisten des Jugendromans „Die Zeitfalte“ von Madeleine L´Engle – reißen uns auf unentdeckte Planeten, zerren uns in fremde Dimensionen zu unbewussten Mächten. Und neben den lesenden Passagieren befindet sich Meg, die unsichere Außenseiterin, deren Vater spurlos verschwunden ist.
Mit einem schlaflosen Abend beginnt ihr Abenteuer, als sie sich für ein Glas Milch aus dem Bett stiehlt und plötzlich eine seltsame ältere Dame namens Frau Wasdenn in ihrer Küche steht. Sie unterhält sich vertraut mit Charles Wallace – Megs jüngerem Bruder - und Meg kommt das alles ziemlich unheimlich vor. Warum nur scheint Charles Wallace diese Unbekannte so schnell ins Herz geschlossen zu haben? Wieso spricht Frau Wasdenn, als kenne sie Meg und ihre Familie schon ein Leben lang? Und was verbirgt sich hinter dem Begriff „Tessern“, der öfter fällt? Auf Antworten kann Meg vorerst nicht hoffen. Denn prompt werden sie, ihr Bruder Charles und ihr Freund Calvin von Frau Wasdenn und deren beiden rätselumwobenen Freundinnen in ein Abenteuer um Leben und Tod verstrickt. Sie drei sind nämlich die einzigen, die Megs Vater retten können. Dieser war als Wissenschaftler auf einer Mission, um die Reise durch Raum und Zeit zu erforschen. Auf seinem Weg geriet er an einen schrecklichen Planeten, gelenkt von Es, aus dessen machtbesessenen Händen ihn nur Meg und die anderen befreien können. Sie alle verfügen nämlich über außergewöhnliche Gaben. Nicht nur Redegewandtheit und Auffassungsgabe gehören dazu. Doch in ihrer Rettungsmission schieben sich stetig Hindernisse zwischen die Jugendlichen und ihr Ziel. An ihrem Erfolg hängt das Schicksal des gesamten Universums, denn Es scheint auch in Zusammenhang mit der schwarzen Wolke zu stehen, die sich zwischen den Planeten ausbreitet. Sind die Kinder einer so großen Aufgabe gewachsen? Werden sie Megs und Charles´ Vater retten, Es zerstören und das Universum bewahren können? Diese Reise drängt die drei an die Grenzen ihrer Fähigkeiten.
Weltweit acht Millionen Exemplare sollten eigentlich für sich sprechen, doch mich konnte der Jugendroman nicht recht überzeugen. Mit dieser faszinierenden Ausgangstheorie, Reisen durch Zeiten, Galaxien und Planeten unternehmen zu können, wird die Handlung ziemlich bald fade.
Vielleicht liegt es an der Zerstreutheit der drei Helden, die selbst nicht wissen, wie ihnen geschieht, als sie auserkoren werden, Megs Vater zu befreien, vielleicht fehlt es mir als Rezensentin an der gebührenden Offenheit für neue, unglaubliche Welten. Denn irgendwie wurde ich mit dem Einfallsreichtum, der sich zwischen den Seiten von „Die Zeitfalte“ verbirgt, nicht wirklich warm. Auch mitreißende Momente tauchen bei der Erkundung der neuen Planeten auf, doch es überwiegt die Verwirrung über deren Bewohner, Eigenarten und Fähigkeiten.
Als Leser wird man genauso wie Meg, Charles und Calvin von einer Situation in die nächste katapultiert. Es bleibt kaum Zeit, über das Erlebte nachzusinnen, es aufzunehmen oder zu verarbeiten, denn die nächste Neuheit in Form eines Wesens, Planetens oder Bösewichts steht schon auf der Schwelle und wirbelt die Gedanken nochmals um. Es besteht keine Möglichkeit, die Ideen schätzen zu können, die neuen Charaktere kennen zu lernen oder sich mit den Situationen auseinanderzusetzen.
Aus diesem Grund zeigen auch die Protagonisten ein unsicheres Auftreten. Sie stolzieren nicht wie sieghafte Helden durch die Geschichte und tragen ihre Selbstsicherheit auf der Brust. Sie sind erfüllt von Zweifeln, Angst und Heimweh, wissen sich nicht wirklich zu wehren und verlieren in einer Situation gar beinahe den Verstand.
Und trotz dieser weitläufigen und dramatischen Handlung, der Reise von Planet zu Planet, der Erfahrung mit Es und des gefährlichen Verlusts des eigenen Verstandes, bleibt ein explodierendes Finale aus. Alles mündet zwar in einer Rettungsaktion, doch nachdem diese vorher als derart bedrohlich, waghalsig und lebensgefährdend gepriesen wurde, scheint sie dennoch leicht von der Hand zu gehen.
Mir begegnete die Phantasie von L´Enlge eher übertrieben, die Verwirrtheit ihrer Protagonistin steckte mich an und selbst die sorgfältig platzierten Genialitäten konnten diesen Schleier von Sprunghaftigkeit und Hast, der die Handlung bedeckt, nicht wirklich aufklären.
Für Freunde der schnellen, ereignisreichen Literatur mit unzähligen innovativen Ideen mag „Die Zeitfalte“ ein wahres Muss zu sein. Diejenigen, die sich an Sprachspielen erfreuen und Szenen bis aufs kleinste Detail genießen müssen, sollten lieber zu etwas anderem greifen.
Madeleine L´Engle: Die Zeitfalte.
Cbj, Juli 2008.
222 Seiten, Taschenbuch, 6,95 Euro.