Die abenteuerlustige Kölnerin Marie heiratet in einen gutbĂŒrgerlichen Kaufmannshaushalt in Krefeld. Leider ist ihr GlĂŒck nur von kurzer Dauer, denn ihr Mann stirbt durch einen Unfall und ihr Schwager quittiert ihren Wunsch, nach Köln zurĂŒckzukehren mit einem zynischen LĂ€cheln, der Aussage, er könne das ihr zustehende Erbe nicht aus dem GeschĂ€ft ziehen und einem Schuldschein von undurchsichtigem Wert. ZurĂŒck in Köln heiratet Marie den Drucker Jacob und verkehrt in einer Runde Freigeister, die dem Leser die komplexen VerhĂ€ltnisse und Problematiken im mal französischen, mal preuĂischen Köln zu Anfang des 19. Jahrhunderts anschaulich nahebringen. Der Krefelder Schwager nutzt den Kriegswirrwarr fĂŒr den Versuch, Marie auch noch um den Schuldschein zu betrĂŒgen.
âMaries Schuldscheinâ ist ein ganz und gar ungewöhnlich (gewordener) Roman und sticht gerade dadurch aus der Masse der historischen Romane angenehm heraus. Der ErzĂ€hlstil ist fast auktorial, wie man es von Wassermann oder Scott kennt. Trotzdem kommen die Figuren dem Leser nahe, z.B. in der sehr gelungenen Schilderung ĂŒber Jacobs Fronterlebnisse. Weniger gut geraten sind die Tempiwechsel im Text. Als Stilmittel meistens eingesetzt, um eine Situation nĂ€her an den Leser heranzubringen funktioniert das nach meiner Leseerfahrung eigentlich nie. Im besten Fall - wie hier - stören sie einfach nicht weiter.
Insgesamt ist das Buch ein gelungener Einblick in die Schwierigkeiten der Bewohner eines Landes, das die Aus- und Nachwirkungen der Französischen Revolution zu spĂŒren bekommt. Man fĂŒhlt förmlich zwischen den Seiten den Spagat zwischen Althergebrachtem und dem Wunsch, Neues doch auch denken und aussprechen zu dĂŒrfen. Gerade durch den ErzĂ€hlstil funktioniert dieser Spagat, man bemerkt die ErzĂ€hlstimme und sie kommt einem gut und richtig vor.
Werner Meffert: Maries Schuldschein.
Droste, August 2008.
352 Seiten, Taschenbuch, 9,95 Euro.