Das mit 328 Seiten dickste Buch unseres Verlagsprogramms ist die Vampiranthologie "Ganz schön bissig ..." - die 33 besten Geschichten aus 540 Einsendungen.
Gut zwei Jahre ist es her, dass im List Verlag Reillys „Das Tartarus Orakel“ (ISBN 3-550-08623-6) erschien. Mit diesem Roman wechselte der Australische Bestsellerautor im für ihn wirtschaftlich bedeutendsten Land, den USA seinen Verlag.
Schon damals ging es neben dem Reilly-typischen ausufernden Kampfszenen mehr und mehr um die Jagd nach historische Quellen und übernatürlichen Rätseln. Auf der Suche nach dem Schlussstein des Cheops-Pyramide mussten unser Held und seine Verbündeten die sieben antiken Weltwunder wiederentdecken, um eine periodisch alle 15000 Jahre wiederkehrende Flutkatastrophe aufzuhalten.
Seit dem erfolgreichen Abschluss dieser Mission stehen Australien und dessen Bewohner unter einem besonderen Schutz. Keiner der im Irak stationierten Australischen Soldaten kam ums Leben, dann aber wird ein Ritual zelebriert, das den eigentlich eintausend-jährigen Schutz aufhebt. Damit nicht genug, droht alles Leben auf Erden vom dunklen Zwilling unserer Sonne ausgelöscht zu werden. Nur die erfolgreiche Suche nach den sechs diamantenen Säulen, die eine uralte Maschine steuern, kann die Katastrophe aufhalten. Neben dem Stein des Philosophen und dem Opferstein der Maya benötigt man zur Reinigung der Säulen aber auch den Schlussstein der Cheopspyramide sowie den Zwillingstafeln des Thutmosis, letztere sind gemeinhin auch unter dem Begriff die 10 Gebote die Moses empfangen hat, bekannt.
So machen sich Jack West Jr., Wizard und Lily nebst ihren Freunden erneut auf, die Welt zu retten.
Natürlich geht es wieder um Macht und Einfluss, Reichtum und Vormachtstellung. Nach dem jeweiligen erfolgreichen Einsatz der Säulen geben diese als Belohnung ein Geheimnis preis – Wissen, Hitze – ein perpetuum Mobile – Leben, Tod ... Geheimnisse, die sich die Weltmächte mit aller Macht zu sichern suchen. So kocht jeder sein Süppchen, die alte gegen die neue Welt, Saudis gegen Chinesen, alle, angeführt von Jacks despotischen Vater, offen oder verborgen gegen West & Co. Damit nicht genug hat es sich eine Gruppe fanatischer Terroristen auf ihre Fahnen geschrieben ein vermeintliches Unrecht durch die Vernichtung der Welt zu rächen ...
Das Wichtigste vorneweg – der Roman ist in sich nicht abgeschlossen, sondern erzählt lediglich die Geschichte der Aktivierung zweier der insgesamt sechs Säulen. Danach bricht er – wie könnte der auch anders sein – mit einem Cliffhanger mitten in der schönsten Action ab – Marke Held tot (oder doch nicht), Fortsetzung folgt.
Dabei war man doch gerade so schön drin in der Lektüre. Grob alle zwei bis drei Seiten ist unser Held tot – nun ja, zumindest fast, und eigentlich dürfte er Meister Gerippe nicht mehr von der Sense springen, wird gefightet, dass einem das Blut in der offenen Halsschlagader stockt. Voller teilweise beissender Ironie hält er dabei den alten wie modernen Machtblöcken und Dynastien einen Spiegel entgegen – das im Quellenanhang genannte Buch „Die Bushs und die Sauds – Öl, Macht und Terror“ von Craig Unger (dt. Piper Verlag) sei Jedem, der sich für die Hintergründe zweier Golfkriege interessiert, wärmstens ans Herz gelegt – verpackt dies aber erneut sehr geschickt in einer atemberaubenden Handlung.
Das wirkt ein wenig wie eine durchaus gelungene Mischung aus Indi Jones und einem hemdsärmlichen 007, strotz nur so vor Ungereimtheiten und Unglaubwürdigkeiten, lässt dem Leser aber keine Nanosekunde Zeit über diese auch nur nachzudenken, reisst der Sog der Action einen doch unentrinnbar mit. Das ist stilistische wie von der Charakterzeichnung her dürftig, das spottet jeglicher Logik, doch es funktioniert wunderbar. Hirn aus, und durch, das aber so packend und rasant, wie es sonst keiner aus der ständig wachsenden Riege der Nachahmer kann.
Matt Reilly: Die Macht der sechs Steine.
List-Verlag, Oktober 2008.
543 Seiten, Hardcover, 19,90 Euro.