Ein Krimi muss nicht immer mit Erscheinen des Kommissars am Tatort beginnen. Dass es auch anders geht beweisen die Autoren mit ihren Kurzkrimis in diesem Buch.
Die Liebesgeschichte von Amor und Psyche ist Teil des Prosawerkes „Der goldene Esel“, eines der ältesten vollständig erhaltenen Prosawerke der Literaturgeschichte. Eingebettet in eine Rahmenhandlung sind dort einzelne Erzählungen, von denen eine von der göttlich schönen Psyche und dem Liebesgott Amor handelt. Es ist eine Geschichte voller Fehlbarkeiten und emotionaler Wechselbäder.
Psyche ist die jüngste Tochter eines Königspaares und gilt als überirdisch schön. Sie wird so sehr verehrt, dass sogar die Göttin Venus neidisch wird und ihren Sohn Amor beauftragt, Psyche zur Strafe als Liebhaber den elendsten, ärmsten und in größter Schande lebenden Mann zu verpflichten, den er nur finden kann. Aber Amor verliebt sich in Psyche und bietet ihr alles, was er kann. Seine einzige Bedingung ist, dass er sie stets in der Dunkelheit besucht und sie sein Antlitz niemals sehen darf. Als ihre Schwestern sie in ihrem einsamen Wohnsitz besuchen, können sie sich vor Neid kaum beherrschen, all das Gold und die Diener und die teuren Sachen. Sie reden auf Psyche ein, bis diese selbst meint, unbedingt das Gesicht des Geliebten sehen zu müssen. Amor schickt sie daraufhin weg, was für beide nur Liebesleid bringt. Jetzt mischt auch wieder die eifersüchtige Mutter Venus mit und Psyche muss Prüfungen bestehen, ehe sie am Ende in den Status der Göttlichkeit gelangt und für immer bei Amor bleiben darf.
Auf den ersten Blick ist das ein einfaches Märchen, eine sehr direkte Erzählung ohne Randgeschichten. Erst der zweite Blick offenbart die Vielfalt der Allegorien und Anspielungen auf das römische Alltagsleben. So ist es kaum ein Zufall, dass Venus die ungeliebte, göttlich-schöne Psyche ausgerechnet mit dem elendsten Mann strafen will: Irdische Schönheit hat ihren Preis. Erst als Psyche am Ende von Herzen rein ist und so die Prüfungen besteht, steht überhaupt zur Diskussion, sie in den Götterstand zu versetzten - bloß schön sind die Götter selbst. Abgesehen von Psyches neidischen Schwestern, spielen sich alle Eifersüchteleien und Hinterlistigkeiten ausschließlich zwischen den Göttern ab. Sie wirken wie eine große, gar nicht glückliche Familie, mit Seilschaften und Verpflichtungen, die man tunlichst zu umgehen sucht, ohne dass der andere Beteiligte das merkt - fast wie im Leben des zu dieser Zeit schon nicht mehr ganz so großen und prachtvollen Römischen Reiches.