Schon mit âKlang der Zeitâ bewies Richard Powers, 1957 geboren und nun in Urbana, Illinois lebend, seine Vorliebe fĂŒr das groĂe, breite ErzĂ€hlen.
Auch âDas Echo der Erinnerungâ, erschienen bei S. Fischer im September 2006, fordert mit 544 Seiten Durchhaltevermögen der Leser.
WĂ€hrend man in Powers vorherigen Romanen eine gewisse Leichtigkeit und Harmonie des ErzĂ€hlens verspĂŒrt und weiĂ, dass jede Seite ihre Berechtigung hat, ist man sich dieser bei seinem neuen Roman nicht mehr ganz so sicher.
Allzu gewollt und konstruiert erscheinen die Schicksale der Hauptfiguren.
Mark, der durch einen rĂ€tselhaften Verkehrsunfall schwere neurologische Störungen erleidet, erkennt deshalb seine Schwester Karin nicht mehr. Diese kĂ€mpft um Marks Erinnerungen. Wie kann es sein, dass er in ihr nicht mehr die VerbĂŒndete, die einzige familiĂ€re Vertrauensperson sieht? Wie kann sie die Verbindung zu Mark und damit zu ihrer eigenen Vergangenheit wiederbeleben?
In ihrer Verzweiflung wendet sie sich an den durch viele Publikationen bekannt gewordenen Neurologen Dr. Weber, der sich schlieĂlich wirklich Marks Fall annimmt, jedoch zunĂ€chst ohne medizinischen Erfolg.
Es sind aber nicht nur die neurologischen Fachexkurse, die durch die Figur Dr. Webers den Roman aufwerten, auch das persönliche Schicksal des Wissenschaftlers, seine Erinnerungen, seine Selbstzweifel und schlieĂlich seine eigenen GrenzgĂ€nge zwischen Gesundheit und Krankheit sind wichtig fĂŒr den Roman.
Powers schafft es, sich in jede erdenkliche GefĂŒhlslage seiner Protagonisten einzufĂŒhlen. Zum Beispiel in Marks Erwachen in eine Welt, in der alles emotional Vertraute fremd geworden ist oder in Karins wankendes SelbstverstĂ€ndnis, in ihre verzweifelte IdentitĂ€tsbestĂ€tigung-/findung.
Dennoch muss sich der Leser ĂŒberfordert fĂŒhlen, wenn auch noch eine Kranichstation in der Mitte der USA und eine ausgepowerte Journalistin, nun als mysteriöse Schwesternhelferin arbeitend, den Takt des Romans bestimmen.
Immer wieder geht es um Erinnerungen, die die Vergangenheit in die Gegenwart rufen, allerdings mit einem so groĂen Stimmengewirr, dass kaum Raum bleibt, einem Schicksal intensiver zuzuhören und die Lösung des Romanschlusses harmonisch zu genieĂen.
Richard Powers: Das Echo der Erinnerung.
S. Fischer-Verlag, Frankfurt am Main, September 2006.
544 Seiten, Hardcover.