Mark Robson: Der Verräter - Die Gilde von Shandar, Band 2
Das Kaiserreich Shandar ist seit seiner Gründung noch nie in solch innerem Aufruhr gewesen wie gerade jetzt. Erst kürzlich konnte ein blutiger Krieg mit dem Nachbarreich Thrandor durch Eisatz eines Sonderbotschafters und dem persönlichen Eingreifen Kaiser Surabars vermieden werden, doch der Fisch stinkt von innen.
Seitdem General Surabar die Robe des Kaisers nach der Ermordung seines unfähigen Vorgängers übernommen hat, planen die Adeligen seine Absetzung. Dabei scheuen sie auch nicht davor zurück, die mysteriöse Gilde von Shandar, eine Gruppe von unfehlbaren Attentätern anzuheuern, um ihrem Ziel näher zu kommen.
Surabar will nicht nur das Reich ordnen, er will seinem Nachfolger auch ein befriedetes Inneres übergeben. So erklärt er kurzerhand die Gilde für gesetzlos und setzt seine besten Geheimagenten, Femke, die Leiterin seines Geheimdienstes und den jungen Soldaten Reynik auf die Gilde an. Da niemand weiß, wo sich das Hauptquartier der Attentäter befindet, und keiner den Gildemeister und seine Assassinen kennt, bleibt nur eine Möglichkeit, Näheres über den mächtigen Feind im Inneren zu erfahren - Reynik muss in die Gilde eingeschleust werden. Doch dazu muss er zunächst geschult werden, und nachweisen, dass er seinen Profession auch beherrscht, sprich einen Mächtigen meucheln. Damit nicht genug, ahnen weder der Kaiser noch seine Spionin, dass die Attentäter magische Hilfe haben ...
Mark Robsons Trilogie um die Spionin Femke und ihren Kampf gegen die übermächtig scheinende Gilde von Shandar bietet dem Leser farbenprächtige Unterhaltung und Abenteuer pur.
Voller Drive, mit jeder Menge Verwicklungen gespickt und mit interessanten Gestalten ausgestattet erwartet den Rezipienten ein Roman, der geschickt Versatzstücke aus dem Agentenroman mit entsprechenden Plots aus Mantel- und Degenabenteuern verbindet. Das liest sich durchaus abwechslungsreich und spannend, insbesondere, da es dem Autor gelingt, das Mysterium der Gilde lange Zeit im Dunkeln zu lassen, und so den Leser in die Auflösung der Rätsel mit einzubinden.
Mit den beiden Hauptpersonen hat der Engländer, der von Beruf aus als Royal Air Force Pilot sein Brot verdient, eine geschickte Wahl getroffen. Unser aufrechter, immer wieder von Skrupeln angesichts der Opfer, die seine Tarnung von ihm verlangt, geplagte Reynik, ist ein Soldat von altem Schrot und Korn. Er geht ganz dienstbeflissen in seiner Rolle als Militär auf, und vereint all die bewundernswerten Eigenschaften eines aufrechten Soldaten in sich. Treue zum Vaterland, Ehrlichkeit, ein strenger Moralkodex gepaart mit Intelligenz und dem Willen sich mühsam, Stück für Stück die Karriereleiter hinaufzuarbeiten, ohne sich von seinem Vater, einem General, protegieren zu lassen. Mit seiner Aufrichtigkeit rührt er uns, seine Gewissensbisse zeichnen ihn zutiefst menschlich, auch wenn es der Autor hier ein paar Mal fast übertreibt. Von den Attentätern gejagt wie ein gehetztes Wild gelingt es ihm, seinen Häscher auszuschalten, er bringt es aber nicht übers Herz, den bewusstlosen Mörder zu töten. Angesichts der Gefahr, die dies für ihn heraufbeschwört, und der er sich durchaus bewusst ist, nicht ganz nachvollziehbar oder glaubwürdig.
Femke, die den ersten Band dominierte, tritt vorliegend ein wenig in den Hintergrund. Dennoch ist sie eine der interessantesten Figuren in der ganzen Trilogie. In einer mittelalterlichen Welt sind Frauen gemeinhin eher auf die gesellschaftliche Rolle der Mutter oder Bettgefährtin reduziert. Femke kann mit einer derart passiven Ausgestaltung ihres Lebens aber nicht einig gehen. Sie ist eine emanzipierte Frau, die aufgrund ihrer Gaben, die sie sich mühsam angeeignet hat, in einer absoluten Männerdomäne ihren Platz an der Spitze erobert. Das hat wenig gemein mit Dumas´ „Lady de Winter" aus den 3 Musketieren, die sich allein auf ihre Intrigen und ihre körperlichen Reize verließ, Femke weiss sich im Gegensatz dazu intellektuell wie handgreiflich durchzusetzen. In langen Jahren hat sie es gelernt zu kämpfen, zu schauspielern, Schlösser zu knacken und ihr Gehirn zu gebrauchen. Sie übernimmt eine aktive Führungsrolle in der Auseinandersetzung, und dies ebenso charmant wie glaubwürdig.
Insgesamt ein Roman der Appetit auf Mehr macht, der die rasante Handlung vorantreibt und mit einer ungewöhnlich ausgestalteten Heldin überzeugt.
Mark Robson: Der Verräter - Die Gilde von Shandar, Band 2.
cbj, Januar 2009.
400 Seiten, Taschenbuch, 12 Euro.