Liebesgeschichten ohne Kitsch? Geht das? Ja - und wie. Lesen Sie unsere Geschichten- Sammlung "Honigfalter", das meistverkaufte Buch im Schreiblust-Verlag.
Raimund Gregorius, genannt Mundus, ist Ende 50 und Lehrer fĂŒr Altphilologie an einem Gymnasium in Bern. Eine sehr durchschnittliche Existenz, ein Mann, dessen Leben in eingefahrenen Bahnen verlĂ€uft. Doch dann weckt die zufĂ€llige Begegnung mit einer ihm unbekannten Portugiesin in ihm alte SehnsĂŒchte. Portugal lĂ€sst ihn nicht mehr los: In einem Buchladen findet er ein Buch, in dem der Lissabonner Arzt Amadeu de Prado ĂŒber existentielle Themen des menschlichen Daseins philosophiert: Religion, Leben und Tod, Liebe und VergĂ€nglichkeit. Mundus verlĂ€sst noch am selben Tag seine Schule und fĂ€hrt mit dem Nachtzug nach Lissabon. Er folgt den Spuren Amadeus durch alte HĂ€user und StraĂen und erfĂ€hrt, dass jener bereits tot ist. Er befragt Freunde und Verwandte und lĂ€sst sich immer mehr gefangen nehmen von diesem charismatischen, aber auch in sich gespaltenen Menschen, mit dem ihn eine Seelenverwandtschaft zu verbinden scheint. Dies sind die bewegendsten Passagen des Romans, wenn sich der Schwerpunkt zum Leben Prados hin verlagert und sich dessen Persönlichkeit mit all ihren BrĂŒchen spiegelt. Immer wieder tauchen neue Aufzeichnungen auf, und aus den Begegnungen mit Amadeus WeggefĂ€hrten erfĂ€hrt man von dessen unheilbarer Gehirnkrankheit, seinem rebellischen Geist, der politischen Arbeit im Untergrund und seiner verzweifelten Liebe zu einer WiderstandskĂ€mpferin.
Auch wenn Amadeus Reflexionen durchaus interessant zu lesen sind und zum Nachdenken anregen, wirkt der Roman manchmal zu ĂŒberladen mit philosophischem Tiefsinn. Schön zeichnet der Autor dagegen die AtmosphĂ€re der Stadt. Wer Lissabon und das leicht morbide Flair seiner alten Viertel kennt, wird sich gut auf dieses Buch einlassen können. Es ist voller âSaudadeâ, jenem LebensgefĂŒhl aus Sehnsucht und bisweilen auch Pathos. Leider bleiben am Ende zu viele Dinge offen, fĂŒr die man sich einen ârunderenâ Schluss gewĂŒnscht hĂ€tte.
Pascal Mercier: Nachtzug nach Lissabon.
btb Verlag, MĂŒnchen, Mai 2006.
496 Seiten, Taschenbuch.