Wieso ich Deinen hässlichen Vater Andreas geheiratet habe von Andreas Schröter
Wieso ich Deinen hässlichen Vater Andreas geheiratet habe, willst Du wissen? Nun, das kam so ...
... "Siehst Du die beiden Jungs da?" Meine beste Freundin Bianca deutete auf einen smarten Humphrey-Bogart-Verschnitt. Er unterhielt sich mit einem etwa gleich großen Typen, dem das Hemd halb aus der Hose hing.
"Yep" – ich war ziemlich cool damals – "ich nehm Bogie."
"Negativ – ich nehm Bogie, und Du passt auf, dass uns der andere nicht in die Quere kommt. Klaro?!" Eigentlich mochte ich Bianca, aber es gab Momente, in denen sie mir tierisch auf die Nerven ging.
"Dann lassen wir es eben drauf ankommen", erwiderte ich, "der Bogie soll entscheiden, wen von uns beiden er will." In den Blick, den ich Bianca zuwarf, legte ich sämtliches Selbstbewusstsein, das ich irgendwo in mir auftreiben konnte.
Ihre Augen schienen kurz zu flackern und ihr Lachen klang eine Spur zu schrill, aber schließlich antwortete sie mit einem langgezogenen "Naaaaa guuuuut".
Wir stolzierten los.
***
Vier Stunden später war Bianca betrunken. Sie konnte unerträglich werden, wenn sie betrunken war. Irgendwie naiv – als hätte sie ihr Hirn komplett ausgeschaltet. Als die Männer kurz auf dem Klo waren – keine Ahnung, warum sie gleichzeitig gingen – fiel mir Bianca mit tränenerstickter Stimme um den Hals. Mit nervenzerfetzend heller Stimme schrie sie hysterisch in mein Ohr: "Ich liiiiieeeeebe diesen Mann. Ich habe noch nie etwas Vergleichbares erlebt. Du musst ihn mir lassen, Du musst einfach, hörst Du ..."
"Lass mich los."
"Wenn ich neben ihm sitze, zieht es mir die ganze Zeit von hier bis hier durch den ganzen Körper" – Bianca zeigte, von wo bis wo genau -, "und wenn er was sagt, glaube ich zu fliegen ..."
"Du glaubst, Du fliegst, wenn er was sagt?"
Sie rückte kurz von mir ab und schaute mich irritiert an – offenbar nicht auf kritische Nachfragen gefasst: "Ja."
Sofort nahm sie wieder ihre alte Pose ein, ihre feuchte Aussprache direkt an meinem Ohr: "Hör zu, ich weiß, dass er dich will. Ich sehe es in seinen Augen. Du musst ihn mir lassen. Bitteeeee!"
Ich hatte nicht bemerkt, dass der Schönling, der sich als Jasper-Jerôme vorgestellt hatte, ein Auge auf mich geworfen hatte. Ganz anders dieser andere Typ, Andreas. Der mit dem Hemd aus der Hose. Bei dem brauchte ich vermutlich nur Schnipp machen ...
Nun, ich machte später Schnipp. Aber es gibt noch ein oder zwei Kleinigkeiten, die ich nicht unerwähnt lassen sollte:
Bianca litt unter einer seltsamen Art von Verfolgungswahn. Sie glaubte, Andreas würde auf Jasper-Jerôme einwirken und ihn ihr abspenstig machen. Warum auch immer. In ihrer hysterischen Art schlug sie mir deshalb folgendes vor: "Hör zu, meine Liebe. Ich würde das nicht tun, wenn ich diesen Mann nicht abgöttisch lieben würde. Aber ich tue es. Gott ist mein Zeuge, dass ich es ernst meine. Ich zahle Dir zehn Jahre lang jeden Monat – sagen wir – 500 Mark, wenn Du Andreas von Jasper-Jerôme fernhältst. Kümmere dich um Andreas. Heirate ihn meinetwegen. Aber halte ihn von Jasper-Jerôme fern."
Ich tat so, als ginge ich darauf ein: "Was wird nach den zehn Jahren?"
"Das ist mir egal – keine Beziehung hält länger als zehn Jahre. Das habe ich neulich noch gelesen."
"Du bist komplett verrückt."
Trotzdem willigte ich tatsächlich in den seltsamen Deal ein. Aber ich wollte eine Zusatzklausel: Nach zehn Jahren würde Jasper-Jerôme mir gehören, wenn ich es wollte.
Noch während die Männer auf dem Klo waren, schrieben wir die Bedingungen in aller Eile auf zwei Zettel, unterschrieben und behielten sie beide als Vertrag.
Was meine Freundin nicht wusste, war, dass ich kurz zuvor ein Gespräch der beiden Männer belauscht hatte, als Bianca sich auf einer ihrer Refresh-Touren befand. Darin beklagte sich Jasper-Jerôme bitter über das Testament seines jüngst verschiedenen Vaters. Der alte Geizhals besäße mehrere Villen und Sommerresidenzen auf Barbados, diverse Firmenimperien, Yachten in allen großen Häfen, Privatjets und und und. Aber er habe als erzieherische Maßnahme notariell festgelegt, dass das Vermögen zehn Jahre lang ungenutzt bleiben und festliegen solle und erst danach an den Sohn überschrieben werden darf. Bis dahin, so erklärte Jasper-Jerôme feierlich, wolle er – quasi um die Erziehung seines Vaters ad absurdum zu führen - bettelarm leben, keinen Handschlag tun und sich irgendwie durchziehen lassen.
So, jetzt weißt Du, warum ich Deinem Vater immer bekocht habe, ihm die Zeitung und die Pantoffeln gebracht habe. Er sollte nicht auf den Gedanken kommen, seinen Jugendfreund Jasper-Jerôme zu besuchen. Ich dagegen bin ständig mit ihm in Kontakt geblieben. Ich glaube, Bianca hatte damals doch recht. Er liebt mich.
Übrigens, Andreas hörst Du auch mal eben kurz zu: Morgen sind die zehn Jahre um ...
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