Burgturm im Nebel
Burgturm im Nebel
"Was mögen sich im Laufe der Jahrhunderte hier schon für Geschichten abgespielt haben?" Nun, wir beantworten Ihnen diese Frage. In diesem Buch.
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Mai 2001
Caspar
von Roswitha Borrmann

Caspar, der Nachwuchsgeist schwebte nachdenklich durch die Gänge. Jahrhundertealte Tradition, die Anordnung der Schränke und Truhen, Gemälde und Trophäen. Generationen vor ihm waren schon darauf geschult worden hier nach dem Rechten zu sehen, aber auch ihr Unwesen zu treiben. Und nun diese Drohung. Ein "Gerichtsvollzieher". So hatte er es erlauscht und auch die Pläne der jetzigen Herrschaft von welchen Stücken sie sich trennen wollten. Bevor sie dann das alte Gemäuer ganz verkaufen würden.

Nein, zum Donnerwetter, darauf hatte er nun gar keine Lust. Moderne Möbel, an denen der Geisterschleim nicht haften blieb, mit dem er bei Vollmond eine Leuchtspur durch alle Stockwerke zog. Was für eine leuchtende Party das immer gewesen war. Und so konnte er dann üben. Geschwindigkeit trotz aller Ecken und Winkel. Für den Rest des Monats mußte es im Dunkeln funktionieren.

Ja, viele Generationen vor ihm konnten sich die Geister noch wie im Traum und selbstverständlich bewegen. Heutzutage, mit dieser Umweltverschmutzung war das nicht so leicht. Trübe Luft, saurer Regen, machten Erkundungen außer Haus zum lebensgefährlichen Erlebnis. Und drinnen: Holzschutzmittel, Möbelpolitur und ihre Ausdünstungen, Insektenspray, griffen seine glatte Oberfläche an. Elektrosmog, Funksignale vom Handy störten seine Sensoren, machten ihn orientierungslos. Von einem Geisterjahrgang zum nächsten verloren seine Ahnen zunehmend an Fähigkeiten und Möglichkeiten. Bis heute zu ihm. Das einzige Mittel sich einigermaßen zurechtzufinden war eine vertraute Umgebung. Er würde kämpfen!

Vorsichtig verließ er bei Anbruch der Dunkelheit sein Zuhause und wehte Richtung Kloster. Hier wohnte sein alter, frommer Lehrmeister St. Engelbert. Caspar erzählte von seinen Befürchtungen und fragte um Rat. Es wurde eine lange Nacht mit Beratung und Übungen. Als Caspar dann wieder gen Schloßberg huschte lächelte er zufrieden.

Später dann, am Vormittag, als der Gerichtsoffizielle seinen Dienst verrichten wollte, ging es ganz schön rund im Schloß. Die Rüstungen klapperten, mal hier mal da. Wenn er ein Gemälde beschlagnahmen wollte, hing es plötzlich in 4 Meter Höhe. Die Teppiche rollten sich zusammen und weg, wenn er sie nur ansah. Die Waschschüssel sprang unters Bett, kleine Tische flitzten unter große. Die begehrten Möbel waren alle nicht mehr zu gebrauchen. Die Schranktüren hingen schief in den Angeln, alle Schubladen gingen ständig auf und zu – dazu quietschten und stöhnten sie bei jeder Berührung.

Nach einiger Zeit zog der gute Mann unverrichteter Dinge und dem Wahnsinn nahe wieder ab. Wer sollte ihm das abnehmen? Hatte er es überhaupt erlebt oder wachte er gleich auf und lag in seinem gemütlichen Bett? Ihm war so unbehaglich zumute, wenn er an seinen Chef dachte. Der konnte ganz schön toben.

Caspar bedankte sich derweil herzlich bei St. Engelbert, den Elfen und Kobolden, die ihn begleitet hatten für dieses Schauspiel. Mochte ruhig der nächste Vertreter mit Zerstörungsauftrag kommen, sie würden standhalten bis der Letzte aufgegeben hatte. Gespensterehrenwort.

Letzte Aktualisierung: 00.00.0000 - 00.00 Uhr
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