Futter für die Bestie
Futter für die Bestie
Gruselig geht's in unserer Horror-Geschichten-
Anthologie zu. Auf Gewalt- und Blutorgien haben wir allerdings verzichtet. Manche Geschichten sind sogar witzig.
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Juni 2001
Die große Suche
von Angelika Brox

Hieronymus Hase hatte die Nase gestrichen voll von dieser Fuchsbande. Friederike, Felicitas und Friedhelm Fuchs waren verantwortlich für das vorzeitige Ableben seiner Familienmitglieder, angefangen von Oma Hildegard über Onkel Hagen bis zu seinem kleinen Bruder Heribert. Doch niemand zog sie zur Rechenschaft.
Hier in Hügelhausen hielt ihn nichts mehr! Wenn er nur wüsste, wohin er gehen könnte!
Wütend kickte Hieronymus einen Tannenzapfen gegen einen Baumstamm. Tonnng! Das half noch nicht viel. Also noch ein paar Zapfen gekickt! Tonnng, tonnng, tonnng, tonnng! Schon besser.
Achtung, Geräusche! Hieronymus Hases Ohren drehten sich wie von selbst in die richtige Richtung. Das war kein Echo auf seine Tannen-Treffer! Da kam jemand!
Hieronymus huschte hinter einen Baumstamm und drückte sich platt zwischen die Wurzeln.
Zwei Wanderer näherten sich; ein Glück, Wanderer waren meist harmlos.
"Wo liegt denn dieses Kaff überhaupt?", fragte der eine.
"Das findest du auf keiner Landkarte", sagte der andere, "das liegt da, wo sich Fuchs und Hase ‚gute Nacht' sagen."

Sie gingen vorüber und ließen einen elektrisierten Hieronymus zurück.
‚Es gibt einen Ort, an dem die Füchse den Hasen eine gute Nacht wünschen! Ob dort auch das Paradies liegt, von dem Mama manchmal erzählt hat? Ich will diesen Ort finden!'

Hieronymus machte sich auf den Weg. Verabschieden musste er sich von niemandem; er war ja der letzte Ãœberlebende seiner Familie.
Kurz darauf traf er Dorothea Dachs und fragte: "Weißt du, wo sich Fuchs und Hase ‚gute Nacht' sagen?"
"Keine Ahnung", brummte Dorothea.

Hieronymus zog weiter. Nach einer Weile kam Reinhild Reh vorbeigehüpft.
"Weißt du, wo sich Fuchs und Hase ‚gute Nacht' sagen?", rief Hieronymus.
"Am Arsch der Welt", rief Reinhild zurück und entschwand im Unterholz.

Hieronymus hoppelte weiter. Einige Zeit später traf er Bartholomäus Braunbär und fragte: "Weißt du, wo der Arsch der Welt ist?"
"Willst du mich verarschen?", grollte Bartholomäus und hob drohend eine Tatze.
Geschickt wich Hieronymus aus und hüpfte davon.

Bald darauf traf er Karolus Karnickel und fragte: "Weißt du, wo der Arsch der Welt ist?"
Karolus blieb stehen und kratzte sich hinter dem rechten Ohr. "Nee, nie gehört."
"Du findest das Kaff auf keiner Landkarte", erklärte Hieronymus.
Karolus kratzte sich hinter dem linken Ohr. "Warte mal", überlegte er, "die Landkarte geht genau bis zum Otterbach, dann hört sie auf. Der Arsch der Welt muss also hinter dem Otterbach liegen."
"Und wo ist der Otterbach?"
"Immer geradeaus, an der toten Eiche rechts, dann über den Sandhügel. Von da aus siehst du ihn dann schon."
"Danke sehr", sagte Hieronymus und hoppelte mit neuem Mut immer geradeaus, an der toten Eiche rechts und dann auf den Sandhügel.
Zu seinen Pfoten schlängelte sich glitzernd der Otterbach. Er sah ziemlich breit aus. Oje.

Langsam rutschte Hieronymus den Sandhügel herunter und begutachtete das Flussufer.
"Was suchst du denn?", fragte eine helle Stimme.
Hieronymus fuhr herum und blickte in glänzende, dunkel schimmernde Häsinnenaugen. Ein reizendes Näschen näherte sich neugierig schnuppernd seinem Gesicht. Entzückende Schnurrhaare kitzelten ihn.
"Ich – äh – ich bin auf der Suche nach dem Arsch der Welt."
"Und der soll hier im Otterbach liegen?"
"Angeblich liegt er hinter dem Otterbach."
"Und was willst du am Arsch der Welt?"
"Dort sagen die Füchse den Hasen ‚gute Nacht'."
"Wer hat dir denn das erzählt? Hinter dem Otterbach sind die Füchse genauso gemein wie vor dem Otterbach!"
"Oje. Meinst du, die Füchse sind überall auf der Welt so gemein?" Hieronymus senkte enttäuscht den Kopf.
"Davon bin ich überzeugt", sagte die Häsin. "Jedenfalls habe ich noch nie etwas anderes gehört."
"Dann gibt es den Arsch der Welt eventuell gar nicht?", fragte Hieronymus.
"Oder er ist überall! Überall triffst du gefährliche und freundliche Tiere. Überall ist es schön und schrecklich. Du könntest also genauso gut hier bleiben. Hier findest du herrlich lockeren Sandboden, sichere Verstecke und saftige Pflanzen. Wir könnten eine Familie gründen."
"Ein netter Gedanke", sagte Hieronymus. "Wie heißt du eigentlich?"
"Helena."
"Okay, Helena, führst du mich dann mal ein bisschen herum?"

Während Helena und Hieronymus Seite an Seite am Ufer des Otterbachs entlanghoppelten, dachte Hieronymus: ‚Den Arsch der Welt habe ich zwar nicht gefunden, aber dafür das Paradies!'

Letzte Aktualisierung: 00.00.0000 - 00.00 Uhr
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