Futter für die Bestie
Futter für die Bestie
Gruselig geht's in unserer Horror-Geschichten-
Anthologie zu. Auf Gewalt- und Blutorgien haben wir allerdings verzichtet. Manche Geschichten sind sogar witzig.
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Juni 2001
Spurensuche
von Kaelo

Saufen könnte so lustig sein, wenn da bloß nicht immer dieser verdammte Dröhnschädel am nächsten Morgen wäre. Ungerechte Welt: Die Exzessiv-Säufer wissen nicht einmal wie man "Kater" schreibt, und ich arme Sau fühle mich nach jedem mittelprächtigen Alk-Genuß wie kurz vorm Abnippeln.
Ich halte die Augen fest geschlossen und bemühe mich, meine Liegeposition um keinen Millimeter zu verändern. Jede Bewegung verursacht unmenschliche Schmerzen, ich kenne das mittlerweile. Und "Nie wieder saufen" denke ich schon lange nicht mehr, erstens hilft mir das im Moment auch nicht weiter, und zweitens klappt's ja sowieso nicht. Also leide ich, wie immer, still vor mich hin und hoffe, daß ich wenigstens nicht kotzen muß.
Irgend etwas ist heute anders als sonst, aber was? Die Luft riecht so, hmm, sauber? Weichgespült? Jedenfalls anders.
Und nebenbei: Wo bin ich hier überhaupt?

Jetzt mal ruhig, ganz entspannt: Was war eigentlich gestern? Hauseinweihung bei Chrissie und Frannek. Viel Bier, gute Musik, die ganze Clique, und dann war da noch die ländliche Verwandtschaft von Chrissie. Aus dem tiefsten Sauerland. Ich fand sie optisch ziemlich putzig, sie sahen aus wie eine Amish-Truppe, die sich von der Kelly-Family aktuelle Mode-Tips hatte aufhalsen lassen. Ich hatte ursprünglich auch nur ein Gespräch mit ihnen angefangen um herauszufinden, ob dieses zierliche Gerät mit den blonden Zöpfen, die bis zum Hintern reichten, mit Anhang gekommen war, oder ob es sich lohnte, die Schaufel auszupacken.
Natürlich war sie mit ihrem Gatten am Start, aber bei dieser Gelegenheit hatte ich festgestellt, daß die Sauerländer total gut drauf waren, so daß ich den Rest des Abends mit ihnen verbracht habe. Später hatten sich auch noch einige andere aus meiner Clique zu uns gesellt, und wir haben ein gemeinsames ruhrpöttisch-sauerländisches Kampftrinken veranstaltet.

Der Schädel brummt immer noch, als wenn er dafür bezahlt würde, ein Königreich für einen Aspirin-Doppelpack. Aber dafür müßte ich erstmal wissen, wo ich hier überhaupt gelandet bin und wo ich meine Klamotten versteckt habe. Vorsichtig öffne ich die Augen, zunächst einen kleinen Spalt breit. Es ist nicht besonders hell, und ich kann auch keine direkte Lichtquelle erkennen. Trotzdem hell genug, daß ich die Augen gleich wieder schließe.
Woran erinnert mich dieser verdammte Duft?

Der Sauerländer als solcher hat offensichtlich den genetischen Defekt, daß er sich Bierkonsum partout nicht ohne zeitnahen Genuß härterer Drogen vorstellen kann, so daß wir Ruhries, nachdem wir uns anfangs ebenso energisch wie auch vergeblich dagegen gesträubt hatten, vor jedem Bierchen mit einem "Original Sauerländer Doppelkorn" anstoßen mußten. Von diesem Zeug hatte die Truppe scheinbar die gesamte Monatsproduktion einer Kornbrennerei mitgeschleppt, weil trotz unseres maximalen Einsatzes die Vorräte nicht zur Neige zu gehen schienen.

Ganz langsam gewöhne ich meine Augen durch vorsichtiges Blinzeln ans -Tageslicht? Nee, eher Neon, nur nicht so hell.
Wo mag ich hier gelandet sein? Im Gästezimmer von Chrissie und Frannek? Alles, was ich sehe, ist weiß. Keine Möbel im Blickfeld, aber sie sind ja auch gerade erst eingezogen.
Ob ich mal einen behutsamen Positionswechsel wagen soll? Vorsichtig drehe ich den Kopf ein wenig zur linken Seite. Schmerzhaft, aber erträglich. Jetzt den Rest des Körper langsam nachziehen... verdammt, sind meine Gliedmaßen alle gleichzeitig eingeschlafen? Es tut sich nichts!

Nach was-weiß-ich wie vielen Korn-Bier-Kombinationen kam Blondies Ehemann auf den glorreichen Gedanken, in der Ruhr schwimmen zu gehen. Dieses Gewässer fließt in nur ein paar Metern Entfernung am Haus vorbei, und der Vorschlag stieß gleich auf viel Gegenliebe.
Ich selbst verabscheue es, zu fortgeschrittener Stunde Flüssigkeit von außen an meinen Körper zu lassen, wollte aber nicht als Spielverderber gelten. Deshalb griff ich zu einer, wie ich glaubte, cleveren Lösung:
"Nur planschen ist öde. Wenn schon, dann laßt und doch von der Kanalbrücke springen, die ist nur einen Kilometer von hier entfernt."
Gehofft hatte ich eigentlich, daß die anderen keinen Bock auf einen mitternächtlichen Marsch hätten und ausschließlich schwimmen wollten. Ich wäre aus dem Schneider gewesen, weil ich ja grundsätzlich Bereitschaft signalisiert hatte, aber eben nur unter verschärften Bedingungen.
Ein vielstimmiges "Jaaa, super Idee!" signalisierte mir, daß ich eine weitere Arschkarte gezogen hatte, denn drücken konnte ich mich ja nun wirklich nicht.
Also trabten wir fast geschlossen und mit flüssiger Marschverpflegung in ausreichender Menge ausgestattet, wozu selbstverständlich auch der Korn gehörte, zur Brücke, wo immerhin acht Mann, zu denen ich zwangsläufig auch gehörte, auf dem Geländer Aufstellung nahmen.
Vor dem entscheidenden Sprung gab es neben dem spontan kreierten "Sprung-Gedeck", natürlich bestehend aus Korn und Bier, noch einen gutgemeinten Rat aus dem Hintergrund: "Laßt doch den Blödsinn, ihr wißt doch gar nicht, wie tief das Wasser hier ist. Ihr könnt euch das Genick brechen!"
"Ja, Mami", rufe ich lachend zurück, "bei Drei geht's los: Eins, zwei, drei...!"

Wieso kann ich mich nicht auf die Seite drehen? Und warum habe ich das Gefühl, daß mir mein ganzer Körper nicht mehr gehorcht? Und dieser seltsame Geruch nach... Krankenhaus...

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