Madrigal für einen Mörder
Madrigal für einen Mörder
Ein Krimi muss nicht immer mit Erscheinen des Kommissars am Tatort beginnen. Dass es auch anders geht beweisen die Autoren mit ihren Kurzkrimis in diesem Buch.
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Juni 2001
Michaelas Sorgen
von Anja Linke

Auf dem Bild ist ein junges Pärchen, sie gerade 18, er ist zwei Jahre älter. Sie hat ein wunderschönes, weißes Hochzeitskleid an, mit einer langen Schleppe, er einen schwarzen Smoking mit Bauchbinde, eine Margerite im Knopfloch. Die beiden strahlen überglücklich in die Kamera. "Ach ja", seufzt Michaela, "damals waren wir so glücklich... so glücklich und verliebt. Die Welt schien nur aus rosa Wolken zu bestehen. Er trug mich auf Händen... Ist das lange her....". Traurig betrachtet sie ihren Ehering, der sich als schlichtes goldenes Band um ihren Finger schließt. Damals.... Was war nur in den 10 Jahren passiert?
Direkt nach der Hochzeit waren sie zusammen gezogen. Langsam schlich sich der Alltag bei ihnen ein. Er beendete sein Studium und fand eine gut bezahlte Stellung in einem großen Computerunternehmen. Kurz danach bekamen sie ihr erstes Kind, Daniel, der gerade im Kinderzimmer schlief und seit dem ständig an ihrem Rockzipfel hängt.
Angefangen hatte es nach 6 Ehejahren, da kamen ihr zum ersten Mal Zweifel. Er ging auf eine Firmenfeier und kam erst am nächsten Tag um 12 Uhr nach Hause. Die Party sei sehr lange gegangen und er habe durch den Alkoholkonsum nicht mehr fahren dürfen, sagte er. Er habe im Auto geschlafen. Und das im Februar, draußen hatte es Minusgrade und es hat damals unablässig geschneit. Sie glaubte ihm nicht.
Zumal da diese Anrufe waren... hin und wieder rief jemand an und legte rasch auf, wenn sie dran ging. Ihm passierte das nie.
Plötzlich mußte er viel mehr Überstunden machen, Meetings wurden auf den Abend verlegt, Dienstreisen wurden häufiger. Manchmal kamen spät abends noch Anrufe von der Firma, weil irgendein Computerprogramm plötzlich Fehlermeldungen auswarf. Er mußte natürlich sofort hin, wurde das Programm doch so dringend benötigt.
Auch war er nicht mehr so aufmerksam wie früher. Hatte er früher noch hin und wieder Blumen mitgebracht und sie liebevoll umsorgt, so hatte sie heute das Gefühl, daß er ihr nicht mal mehr zuhörte. Blumen hatte sie schon lange keine mehr bekommen. Es überraschte sie fast, daß er den Hochzeitstag bisher noch nicht vergessen hatte.
Seufzend steht sie auf und geht in sein Arbeitszimmer. Das Internet war ihr ein guter Freund geworden. Konnte sie hier doch ihre Einsamkeit vergessen.
Auf einer Internetseite stolpert sie über eine wunderschöne Geschichte, die sie herunterladen möchte. Als sie versucht, diese zu speichern, geht eine Pick-box auf; sie zeigt den Ordner "Organisation", darin ein Unterordner "Tatjanas Dateien".
Tatjana? Bekommt er nicht von einer Tatjana regelmäßig E-Mails? Wer ist das eigentlich? Etwa der Grund für die vielen Abendtermine?
Ihr Herz schlägt bis zum Hals, ihre Händen zittern, als sie das Internet schließt und den Explorer öffnet.
Mit einem Druck im Magen öffnet sie den Ordner "Organisation" und da sieht sie schon den gesuchten Unterordner.
"Ob ich den wirklich öffnen soll?", fragt sie sich selbst, doch dann drückt sie kurzerhand auf die linke Maustaste und auf dem Bildschirm werden die Dateien angezeigt.
Sie tragen Namen wie DTS009 oder EPSN0108. Langsam öffnet sie eine Datei nach der anderen. Aufmerksam schaut sie sich jede Datei an.
"Merkwürdig", murmelt Michaela vor sich hin, "daß jemand so einen Computer-Fachchinesisch verstehen kann."
In den Texten geht es ausschließlich um ein neues Projekt, das er gerade entwickelt. Beruhigt und mit schlechtem Gewissen schließt Michaela die Dateien und den Explorer, löscht die Dokumenten-Ansicht. Dann loggt sie sich wieder ins Internet ein.
Da war doch so eine tolle Geschichte...

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