Burgturm im Nebel
Burgturm im Nebel
"Was mögen sich im Laufe der Jahrhunderte hier schon für Geschichten abgespielt haben?" Nun, wir beantworten Ihnen diese Frage. In diesem Buch.
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Juli 2001
Ein gut gemeinter Rat
von Anja Linke

Gedankenverloren sitze ich auf meinem Krankenhausbett, den gepackten Koffer neben mir, und warte darauf, von meinem Mann und unserer Tochter abgeholt zu werden. Drei ganze Wochen habe ich hier verbracht. In meinem hohen Alter, mit 75 Jahren, mußte ich mir doch wirklich noch den Blinddarm entfernen lassen! Der hätte ja wirklich noch die paar Jahre, die ich zu leben habe, überstehen können. Aber oft kommt es eben doch anders als man denkt. Hätte ich die Vollnarkose besser vertragen, wäre ich auch gar nicht mehr hier.
Wäre die Sehnsucht nach meinem Mann und meinem Heim nicht gewesen, hätte es mir im Krankenhaus ganz gut gefallen. Besonders Schwester Sylke war ein richtiger Schatz und hat sich rührend um mich gekümmert. Eigentlich müßte sie ja doch gleich noch mal kommen, sie wollte sich doch von mir noch verabschieden.
"Hier bin ich, wie versprochen!", tönt es da schon fröhlich durch den Raum und Schwester Sylke tritt in das Zimmer, das in den letzten Wochen mein Zuhause gewesen ist. "So, da haben Sie es ja gleich geschafft! Vom Schwesternzimmer aus habe ich gesehen, wie ihr Mann gerade aus dem Taxi gestiegen ist."
"Das ist aber schön, daß Sie noch einmal nach mir schauen! Ich wollte mich noch ganz herzlich bei Ihnen bedanken! Sie haben sich so rührend um mich gekümmert! Ihr Marcus kann sich glücklich preisen eine solche Frau gefunden zu haben. Wann sagten Sie noch mal, wird geheiratet?"
"Nächste Woche!", antwortete sie.
"Oh", meinte ich, "doch schon so schnell? Na, dann möchte ich Ihnen aber noch einen kleine Geschichte mit auf den Weg geben. So eine Hochzeitsfeier und die Nacht danach kann ja schon so ihre Tücken haben.
Heute, 56 Jahre später, kann ich herzlich über die Scherze unserer Freunde anläßlich unserer Hochzeitsnacht lachen. Aber damals, mein Gott, war ich sauer! Wenn ich nun zurück denke, dann begreife ich die ganzen Anspielungen. Doch wir Ahnungslosen, konnten zu dem Zeitpunkt noch gar nichts damit anfangen." In den Erinnerungen schwelgend grinse ich vor mich hin.
"Hätten wir damals mal nur auf meine beste Freundin gehört, die mir geraten hat nicht nach Hause zu gehen. Aber langsam, ich fange wohl besser von vorne an.
Unheimlich müde kamen mein Mann und ich nach unserer ausgiebigen Hochzeitsfeier in unsere erste gemeinsame Wohnung. Als wir dann endlich vor unserer Haustür standen, da wollten wir beide nur noch eines: ins Bett!"
Schwester Sylke zieht sich einen Stuhl an mein Bett und schaut mich neugierig an, "war das denn nicht so einfach?"
"Nein", grinse ich Sie an, "so einfach war das überhaupt nicht!
Zuerst lachte ich mich noch halb tot, als Peter im Dunkeln das Türschloß nicht fand. "Psst, sei leise, die Nachbarn! Es ist schließlich schon 4 Uhr früh!", hat er mit mir geschimpft, dabei konnte er selber das Lachen nicht verkneifen.
Als er das Türschloß endlich gefunden und die Tür geöffnet hatte, nahm er mich galant auf die Arme und trug mich über die Schwelle, so wie es sich gehört. Das war übrigens richtig schön, da sollten Sie auch drauf bestehen!", empfehle ich Ihr grinsend.
"Doch schon standen wir vor dem nächsten Hindernis, der Treppe!
Die hatte sich nämlich auf wundersame Weise verändert! Jetzt standen auf jeder Treppenstufe dutzende von Pappbechern. Jeder einzelne mit Wasser gefüllt, so daß kein Durchkommen mehr war.
Können Sie sich das vorstellen? Wir waren ja gar nicht glücklich über diesem Anblick. Wir wollten schließlich so rasch wie möglich ins Bett. Außerdem ist die Hochzeitsnacht was ganz besonderes und die will man ja auch ein ganz kleines bißchen genießen."
Mit gespannten Gesichtsausdruck sitzt Schwester Sylke vor mir.
"Ach je, haben Sie die ganzen Becher dann erst weg leeren müssen?"
"Peter wollte das schon tun, aber er hatte nicht mit meiner Ungeduld gerechnet, ich hob rasch meinen langen Rock hoch und stürmte einfach die Treppe hinauf. Es war mir ja so egal, daß ich alles nieder trampelte und naß machte.
Oben angekommen traf mich fast der Schlag. Überall im Flur lag Konfetti auf dem Boden. In der Mitte stand nun ein kleiner, weißer Tisch, darauf einige benutzte Gläser, auch hier Unmengen von Konfetti. Die Stühle waren achtlos zurückgeschoben worden, einer sogar umgefallen.
Und das, obwohl ich schon damals immer auf einen gut geführten Haushalt wert gelegt habe! Ich hätte heulen können!
Aber in dem Moment war das dann irgendwie unwichtig. Ich schnappte mir seine Hand um ihn endlich ins Schlafzimmer zu bugsieren.
Leider hatte ich nicht mit dem Einfallsreichtum meiner Freunde gerechnet, denn das Schlafzimmer war abgesperrt!
Dafür hing ein Zettel an der Tür: Schlüssel ist in der Badewanne.
In dem Moment hätte ich meine Schwester Tina, deren Schrift ich sofort erkannte, töten können."
"Das hört sich ja wirklich so an, als ob Ihre Freunde sehr einfallsreich waren! An den Schlüssel sind Sie doch sicher nicht so einfach rangekommen, oder?", fragte sie gespannt.
" Nein, wirklich nicht! Was haben wir für Augen gemacht, als wir im Bad ankommen und den Benjamini sahen! Im Luftzug, der durch das offene Fenster hereinkam, schwang er munter seine Blätter und irgendwie kam es mir so vor, als ob es ein schadenfrohes Winken sei. Die hatten meinen Benjamini ordentlich in die Badewanne umgepflanzt. Mein Mann hatte keine Lust mehr und schlug vor, daß wir doch einfach im Wohnzimmer schlafen könnten. Wir hatten da so eine große Couch, die war ganz gut geeignet für eine Nacht.
Doch im Wohnzimmer hatten wir nicht mehr Glück. Dort fehlte nämlich die Couch! Nur noch die Abdrücke der Couchfüße sah man auf dem Teppich. Mir war ja inzwischen zum heulen zumute!
Völlig entnervt mußten wir also zurück ins Bad und doch den Schlüssel suchen. Nach einigem Graben fand er den Schlüssel dann auch.
Ohje, bis dahin hatte ich bereits mein schönes Kleid voller Blumenerde, ich sah aus!
Aber auch das war in dem Moment völlig uninteressant, wir hatten unser Ziel ja nun scheinbar erreicht, wir konnten endlich ins Bett!
Dachten wir!"
Mein Mund ist vom vielen erzählen ganz trocken. Ich trinke den letzten Schluck Wasser aus meinem Glas auf dem Nachttisch.
"Wieso dachten Sie das nur? Haben die sich etwa noch mehr einfallen lassen?", fragte Schwester Sylke unter glucksendem Kichern.
"Leider ja, denn kaum war die Schlafzimmertür offen, quollen uns bunte Luftballons entgegen.
Nachdem wir dann einen Weg zum Bett gebahnt hatten, hatten wir uns auch schon an den Gedanken gewöhnt mit vielen, vielen bunten Luftballons die Nacht zu verbringen und wir wunderten uns auch nicht mehr sonderlich, als eine Tüte Milch zwischen den Kissen hervor lugte.
Er half mir also beim Ausziehen des Kleides, alleine hätte ich es nie geschafft dieses Ungetüm aus Tüll loszuwerden, zog sich selber aus und sprang voll Elan splitterfaser nackt ins Bett.
Hach, war das ein Anblick! Auch wenn man ihm das heute nicht mehr so ansieht, aber damals war er ein richtig fescher junger Mann!"
In diesem Moment betritt mein Mann und unsere Tochter das Zimmer, "Hallo Mama, wir sind da! Bist Du fertig?"
"Hallo ihr Lieben, setzt Euch noch einen kleinen Moment, ich erzähle Schwester Sylke gerade von unserer Hochzeitsnacht!", begrüße ich die beiden.
Ich wende mich wieder an die Krankenschwester, mein Blick wandert über ihr junges Gesicht. So hatte ich auch mal ausgesehen! Meine Tochter zieht für meinen Mann den letzten Stuhl ans Bett und setzt sich selbst zu mir, aufs Bett.
Als sie beide sitzen, fahre ich fort: "Kaum das er aber gelegen hatte, sprang er auch schon wieder aus dem Bett. Mit zornigem Gesichtsausdruck riß er Decke und Kissen vom Bett, zuletzt das Laken. Ungläubig starrten wir beide auf die Matratze.
Hatten die doch wirklich Cornflakes unter das Laken gestreut!"
"Die müssen mindestens 10 Tüten da ausgeschüttet haben! Waren das viele!", fällt mir mein Mann ins Wort und grinst mich schelmisch an "jaja, das war eine Nacht, die werden wir wohl nie vergessen! Gott sei Dank war das aber das letzte Hindernis von vielen für uns!", fügte er hinzu.
"Nachdem wir also alles abgefegt hatten", fahre ich fort, "konnten wir doch noch ins Bett und hatten eine wunderschöne Hochzeitsnacht." Liebevoll betrachte ich meinen Mann.
"Deshalb, Kind", wende ich mich wieder an sie, "rate ich Ihnen, wenn Sie nächste Woche diesen Schritt machen und sich trauen lassen: Hüten Sie sich vor Ihren Freunden und mieten Sie gleich ein Hotelzimmer."
"Das war aber eine tolle Geschichte! Eigentlich wollte ich wirklich die Nacht zu Hause verbringen, aber jetzt werde ich wohl mit meinem Schatz darüber noch mal reden müssen. So einen Streß kann man sich ja wirklich ersparen!", lacht Schwester Sylke mich an.
Ich umarme sie das erste und letzte Mal flüstere ihr noch die besten Wünsche ins Ohr und wende mich an meine Familie. "So, dann laßt uns mal gehen. Ich kann es gar nicht erwarten wieder nach Hause zu kommen!"

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