Der Cousin im Souterrain
Der Cousin im Souterrain
Der nach "Dingerchen und andere bittere Köstlichkeiten" zweite Streich der Dortmunder Autorinnengruppe "Undpunkt".
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August 2001
Verliebtes Wochenende
von Ingeborg Restat

Dieses Wochenende sollte es geschehen. Sie wollten nicht irgendeinen Moment, nicht irgendeine Stimmung dazu ausnutzen. Nein, ganz bewusst hatten sie sich füreinander entschieden und zu diesem Wochenende, zu ihrer ersten Nacht in ihrer Liebe, verabredet. Simone spürte längst, wie sehr Adrian sie begehrte, auch sie war schon in Versuchung gekommen, sich zu vergessen. Doch sie war ihm dankbar, dass der Rahmen für ihre erste intime Begegnung auch stimmen sollte. Es steigerte die Spannung.
Da war es ihr nicht egal, was sie dazu anziehen würde. Sie kaufte sich teure Dessous, noch ein raffiniertes Nachthemd dazu, welches sie wahrscheinlich gar nicht tragen würde. Aufgeregt probierte sie zu Hause alles an. Das knappe Höschen mit den Spitzen sah ja erregend aus, aber es kniff unangenehm. Und dann der kleine Halter mit den Strapsen - Großmutter hatte diese noch Hüftgürtel und Strumpfhalter genannt, damit mussten sie damals immer herumlaufen? Also gut, das lockere Hemdchen, durchsichtig über dem Busen, die Brustwarzen ahnen lassend, war ja angenehm. Aber konnte sie überhaupt ohne Büstenhalter gehen? Kritisch drehte sie sich vor dem Spiegel, na ja, das ging gerade noch. Ein bisschen hingen sie schon, aber sie war ja auch nicht mehr die Jüngste. Auch Adrian hatte schon einige Affären hinter sich. Wie sahen diese Frauen eigentlich aus, konnte sie mit ihnen überhaupt konkurrieren? Würde er nicht Vergleiche ziehen? Sie hatte bisher nur mit einem Mann zusammengelebt. Mit Marco war alles so einfach gewesen, da hatte sie das alles nicht nötig gehabt und sich nie diese Fragen gestellt. Aber sie fanden ja eben auch zusammen, als sie noch jung waren, als alles noch einfach war. Sie streifte sich noch die schwarzen Strümpfe mit dem raffinierten Spitzenrand über und betrachtete sich noch einmal im Spiegel. Ja, jetzt gefiel sie sich, aber wieder zupfte sie an dem Höschen, es kniff doch sehr. Ach, das bisschen Kneifen würde sie schon aushalten, er würde es ihr ja ohnehin bald ausziehen. - Ja, wie denn, machte er das oder erwartete er, dass sie das tat? Vielleicht doch gar nicht so schön, das erste Mal so zu planen, dachte sie. Wenn es einfach aus dem Moment der Stimmung heraus gekommen wäre, dann hätte sie all das bestimmt nicht überlegt. Aber Adrian wollte es so, und zeugte es nicht von Achtung ihr gegenüber, dass er es mit Stil geschehen lassen wollte?
Aufgeregt packte sie ihre Tasche für das Wochenende, aufgeregt lief sie die Treppe hinunter, als er sie mit seinem Auto abholte. Wie oft hatten sie sich schon begrüßt, wie oft schon einen Kuss getauscht, immer war es schön gewesen, wenn sie sich wieder sahen. Doch heute war es anders, sein Blick war anders, sie fühlte sich beklommen und zugleich erregt. Eine kribbelnde Spannung machte sich zwischen ihnen breit, erotische Erwartung spann ihre Fäden um sie. Sie redeten nicht darüber, sie fuhren hinaus aus der Stadt zu einem Gasthaus, welches versteckt im Wald lag. Es war vornehm rustikal und bekannt dafür, dass Liebespaare hier gerne einkehrten.
Sie blickte scheu auf das Bett, als sie ihr Zimmer bezogen und zog diskret wieder an ihrem kneifenden Höschen. Hoffentlich lief sie sich damit nicht noch wund? Aber sie vergaß es sofort, als er sie in die Arme nahm, als all seine Leidenschaft schon zu entbrennen drohte, als sie ihre eigene Bereitschaft drängend spürte.
Doch dann löste er sich wieder von ihr. ,,Komm, es ist noch zu früh", sagte er mit verhaltener Stimme. So, schon schnell vor dem Abendessen, das wollte er nicht.
Eng umschlungen liefen sie noch ein Stück durch den Wald spazieren. Die Spannung knisterte zwischen ihnen und steigerte sich. Sie sprachen über alles Mögliche, nur nicht über die kommende Nacht. Sie genossen noch bei stimmungsvollem Kerzenschein im Gastraum des Gasthauses ein vorzügliches Abendmenü. Aber später konnte sie sich kaum noch daran erinnern, was sie da gegessen hat.
Endlich, endlich ließ sich Adrian den Zimmerschlüssel geben und begleitet von einem zwar diskreten, doch wissenden Lächeln des Wirtes gingen sie auf ihr Zimmer. Adrian schloss die Tür ab. Sie waren allein. Die Spannung wurde unerträglich. Wie gelähmt stand sie da mit ihrem kneifenden Höschen. Er nahm sie in die Arme. Sie drängte sich an ihn, umfing ihn, zeigte ihm all ihre Sehnsucht, das Verlangen nach seinem Körper, er brauchte es nicht mehr zu erahnen. Und er begann, ihren Körper zu suchen. Vorsichtig knöpfte er ihre Bluse auf. Sie duldete es. Da durchzuckte sie noch eine Frage: Was musste sie jetzt tun? Im Fernsehen knöpften die Frauen den Männern immer die Hemden auf, erwartete er das von ihr? Doch bald brauchte sie nichts mehr zu überlegen, seine Hände glitten heiß über ihren Körper, machten ihn frei von Kleidung und Dessous und raubten ihr die Sinne. Voller kaum noch zu bändigendem Verlangen schob er sie zum Bett. Sie ließ sich fallen, er über ihr, sie hielt ihn fest umklammert ... Krach!!! – Das war zu viel für das Bett, es brach zusammen.
Aufgeschreckt ließen sie sich los. Aber nur für einen Moment. Sie wollten sich nicht aus der Stimmung bringen lassen. Die Leidenschaft, die Gier nach Befriedigung war stärker. Sie rollten von dem Bett hinunter – das Fußende brach mit Getöse vollends um. Sie wälzten sich in Ekstase auf dem Fußboden, nur mit dem Ziel, eins zu werden.
Da klopfte es an der Tür.
Ernüchtert schossen sie hoch, noch rot und keuchend.
Sie griff ihre Sachen zusammen und flüchtete ins Bad. Er zog sich schnell einen Bademantel über und öffnete die Tür.
Der Wirt stand davor, besorgt. "Was ist geschehen? Ist alles in Ordnung?" Dann sah er das Bett. "O nein! Das ist ja noch nie passiert", bedauerte er und verkniff sich sichtlich ein Lachen. "Ich hole meinen Sohn, das bauen wir gleich wieder zusammen", versicherte er, lief eilig davon und kehrte schon nach kurzer Zeit mit seinem verschlafenen Sohn zurück. Simone kam gerade wieder aus dem Bad – auch sie hatte sich einen Bademantel übergeworfen -, als der Sohn das Zimmer betrat. Er sah das Bett, sah Adrian daneben, sah Simone und grinste so breit, wie seine Ohren ihm dazu Platz ließen. Der Wirt stieß seinen Sohn zurechtweisend an. Simone spürte, wie ihr das Blut zu Kopf stieg. Hastig nahm sie ihr Höschen auf, welches noch vergessen am Boden lag.
Dann machten sich Wirt und Sohn an die Arbeit. Schweigend sahen Adrian und Simone ihnen zu. Dabei blickten sie sich nicht an. Langsam bröckelte auch noch die letzte Spannung und Erregung von ihnen ab.
Als das Bett wieder aufgestellt war, Entschuldigte sich der Wirt tausend Mal. "Wirklich, das ist noch nie passiert!", versicherte er erneut noch ernst. Dann gingen er und sein Sohn. Die Tür war noch nicht richtig geschlossen, da hörten Adrian und Simone, wie der Sohn prustend loslachte und der Wirt verhalten einstimmte.
Jetzt sahen sie sich an. Adrian begann als Erster zu grinsen. Da konnte Simone sich nicht mehr halten, sie warf ihr Arme hoch und lachte. Sie lachte aus vollem Herzen, auch, weil sie sich befreit fühlte von dem Zwang, dass es etwas ganz Besonderes sein sollte. Dabei näherte sie sich dem Bett und wollte sich darauf fallen lassen.
"Nicht!", schrie Adrian, sprang vor und hielt sie fest. "Vorsichtig! Wer weiß, wann das Bett wieder zusammenbricht."
Aus war der Zauber der Stunde des momentanen Verlangens. Sie lachten auch noch, als sie sich endlich ganz vorsichtig ins Bett gelegt hatten – aber in dieses Bett nur noch zum Schlafen. "Morgen ist auch noch ein Tag! – Oder?", sagte er.

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