Der Tod aus der Teekiste
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Februar 2002
The persistence of memory - Die Beständigkeit der Erinnerung
von Silke Galla

The persistence of memory – Die Beständigkeit der Erinnerung


Wie wir mit der Schwebebahn fahren, dieser hängenden Schlange in einer Reuse unseren Tag beginnen, wie damals vor 100 Jahren als sie den ersten Wagen über die Wupper hängten, eine Flasche daran zerschmetterten und die erste Probefahrt unternahmen, wie später Tuffi der Elefant aus dem Waggon fiel und mit einem lauten Platschen im Wasser landete, den Rüssel wie einen Schnorchel nach oben gereckt. Wie du dich vehement dafür einsetztest, in die Umbenennung der Stadt in Tuffistadt, so wie vorher für die Lutherstadt, so soll nun unser Wuppertal Tuffistadt werden. Wie unser Vater zwischen uns sitzt, auf dem Platz am Gang und dich ans Fenster drängt, ich auf der anderen Seite, brav mit zusammengedrückten Knien, während du zappelig, wie heute und morgen noch, dich auf den orangenen Schalsitzen aufrichtest, wild gestikulierend zu mir herüberfuchteltest, hallo, dabei ein breites Lachen in den Augen, haal-loo, zum Spielen aufgelegt, wie gestern und heute, und ich so schüchtern wie eh, den zürnenden Blick des Vaters in den Augenwinkeln, sei doch still, sonst straft er uns wieder, wir wollen doch in den Zoo, zu den Löwen, den Elefanten und den Schildkröten.
Weil... ich muss sie doch etwas wichtiges fragen, die alten Tiere, zu Hause hast du gesagt, die wissen alles, weil sie so alt sind, noch viel älter als die Großeltern und haben schon zwei Kriege erlebt, die Bomben gesehen, die Transporte und haben versucht, es den Leuten zu sagen, wohin sie die Nachbarn schicken, denn sie waren doch so beschäftigt mit dem Leben, dass sie manchmal vergaßen, wo sie gestern eingekauft hatten. Der Vater drückt dich in die Sitze, faucht mit seinem Blick um sich, die anderen Fahrenden merken nicht, welche Berge sie zwischen uns anhäufen, was für ein Abgrund rechts auf dem leeren Platz neben mir aufbricht, der direkt aus dem Fenster nach draußen, mit einem Kopfsprung in den dunklen Fluss führt, wenn ich nicht meine dünnen Beine enger zusammenpresse und mir ganz fest vorstelle, wie wir vor dem Elefantenstall stehen und einer von den jungen Dreck vom Boden aufgräbt und ihn dem Vater rotzig entgegenschleudert, du mich an der Hand nimmst und wir laufen, ich stolpere in meinen Riemchenschuhen, aber du ziehst mich weiter hinter einen Busch, ich verliere mein Haarband, du hebst es auf, bindest es eilig wieder hinein und flüsterst, schnell, wir drücken uns durch das Unterholz, durch die pieksenden Zweige, ich fürchte mich nicht, solange du meine Hand hältst, wir müssen die Schildkröten selber finden, wenn der Vater dabei ist, werden sie uns nichts verraten, wir müssen es schaffen bevor er uns einholt mit seinen riesigen Schritten in den ausgetretenen Schuhen, uns rechts und links in festen Griff nimmt, zum Ausgang schiebt und der Mutter ihre Kinder zurückgibt.
Wenn ich mir nicht ganz fest vorstelle, dass du das Schild zum Aquarium schneller liest als ich, wie wir in die tropische Höhle huschen, an einem Zylinder mit im Wasser glitzernden Quallen vorbei, an den Katzenhaien, die du so gerne hast, für die wir aber keine Zeit haben, da sind sie, ich sehe sie genau, rechts in den Becken mit den Moosen und den Steinen wohnen die Alten und wie können wir uns nur so schnell bemerkbar machen, es ist doch dringend, bitte kommt doch rausgekrochen, ja wir wissen dass wir hastig keuchend kaum unsere Fragen aussprechen können, aber bitte...
Du drückst meine Hand ein bisschen fester. Ich muss mich konzentrieren, ich weiß, sie reden nur zu mir, schauen nur mir in die Augen und ich zu ihnen. Mach. Du kannst das. Sage ich heute zu dir.

(c) Silke Galla



Letzte Aktualisierung: 00.00.0000 - 00.00 Uhr
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