"Wir sind eine aussterbende Rasse", sagte der Drache und klopfte mit dem Schwanz gedankenvoll auf den Boden.
Der Zwerg nickte, holte aus alter Gewohnheit seine Pfeife aus der Tasche und steckte sie mit schuldbewusstem Gesicht wieder weg.
"Ja", sagte er. Dann: "Meinst du, ich sollte mich rasieren?"
"Warum?" fragte der Drache.
"Nur so", sagte der Zwerg.
Sie schwiegen.
"Er hat auch aufgegeben", sagte der Zwerg. Der Drache hob seinen Schlangenhals und ließ ihn wieder auf den Boden sinken.
"Er war einer der besten. Schade. Aber so ist das - wir sterben aus."
Gemeinsam blickten sie dem Magier nach, der vornübergebeugt über die staubige Straße hastete.
"Er geht zur Arbeit", sagte der Drache. "Pfui."
"Wenigstens darf er noch rauchen."
Der Zwerg stieß einen tiefen Seufzer aus und steckte sich die leere Pfeife zwischen die Zähne. Sein Gehirn mahlte auf einem Gedanken herum.
"Ich wünschte, es wäre wie früher", verkündete er schließlich.
Der Drache pustete einen Rauchkringel in die Luft, den der Zwerg gierig einatmete.
"Ja", sagte er und blinzelte gegen die Sonne.
Als der Ritter mit erhobenem Schwert auf ihn zustürzte, hob er nicht einmal den Kopf.
"Wir sterben aus", hauchte er und schloss die Augen.
Drachen sind nicht eben für ihren Wortwitz bekannt.
Der Ritter warf sich neben dem Zwerg und dem Drachen auf den Rasen und schimpfte.
"Ein Tagedieb bin ich! Um einen Job kümmern soll ich mich! Mein Schwert soll ich zum Holzhacken benutzen! Das Schwert meines Vaters. Und meines Großvaters. Und meines Urgroßvaters."
"Ja", sagte der Drache ungewöhnlich hastig. "Ja."
Der Ritter funkelte ihn an. "Mein Schwert!"
"Ja. Pfui."
"Pfui! Das kannst du laut sagen."
"Pfui!" brüllte der Drache pflichtschuldig, da er sich noch nicht ganz an menschliche Redewendungen gewöhnt hatte.
"Genau", sagte der Ritter schwach, als er wieder hören konnte.
Er lächelte traurig. "So hast du damals gebrüllt, als ich dir das Schwert in den Hals gestoßen habe. Es war ein erhabener Augenblick."
"Ja", sagte der Drache und erinnerte sich. "Oh ja."
"Was hatten wir für Spaß."
Sie ließen die Köpfe hängen.
Ohne es zu merken, hatte sich der Zwerg die Pfeife angesteckt. Hinter Rauchwolken erklang seine Stimme.
"Der Oger macht jetzt eine Diät."
Er murmelte, weil er die Pfeife im Mund hatte, und weil er sich schämte.
"Gottes Blut!" fluchte der Ritter hitzig und blies dem Zwerg seinen Atem ins Gesicht.
"Du warst in der Kneipe", stellte der Zwerg neidisch fest.
Der Ritter zog den Kopf zwischen die Schultern und sah sich um.
"Keine Sorge...", beruhigte der Zwerg. "Ich kann schweigen."
"Danke."
"Wir sind eine aussterbende Rasse", sagte der Drache.
"Wir könnten den Elf warnen", sagte der Zwerg.
"Er würde es uns nicht glauben."
"Wahrscheinlich nicht."
"Sicher nicht."
"Pfui."
"Sie kommen", sagte der Drache matt.
Er hatte das beste Gehör und den feinsten Instinkt. Seine Augen waren glanzlos. Unwillkürlich griff der Ritter nach seinem Schwert und der Zwerg spuckte die Pfeife aus.
"Also dann!" sagte der Ritter heroisch und stand auf. Mit hocherhobenem Haupt sah er den drei Gestalten entgegen, die über die Wiese auf sie zukamen.
Prinzessin Tausendschön war als erste bei ihnen.
"Da steckst du also, du Taugenichts. Während ich auf die Kinder aufpasse. Und getrunken hast du auch wieder. Hast du denn überhaupt kein Verantwortungsgefühl, du grober Klotz! Glaubst du, die Burg putzt sich von alleine und das Essen fliegt auf den Tisch? Ha! Aber du hängst hier mit deinen nichtsnutzigen Freunden herum! Und ich sage dir, wenn du wieder betrunken bist, wenn meine Freundin, die Elfe, morgen heiratet, dann ist es aus zwischen uns."
Ein verträumtes Lächeln glitt über das Gesicht des Ritters.
Die Zwergin sagte nichts. Sie schlug ihrem Mann die Pfeife aus der Hand, dass es krachte.
"Männer!" donnerte die Drachin.
Zwerg, Ritter und Drache tauschten einen Blick.
"Wir sind eine aussterbende Rasse", sagte der Drache und breitete die Flügel aus.
"Bis morgen."
"Bis morgen."
"Tja."
In unterschiedliche Richtungen trotteten sie davon.
(c) Birgit Erwin
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