Madrigal für einen Mörder
Madrigal für einen Mörder
Ein Krimi muss nicht immer mit Erscheinen des Kommissars am Tatort beginnen. Dass es auch anders geht beweisen die Autoren mit ihren Kurzkrimis in diesem Buch.
mehr ... ] [ Verlagsprogramm ]
 SIE SIND HIER:   HOME » MITMACH-PROJEKT » SCHREIBAUFGABE » Olaf Deutz IMPRESSUM
NEWSLETTER
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

Jetzt anmelden! ]

UNSERE TOP-SEITEN
1.) Literatur-News-Ticker
2.) Leselust
3.) Forum
4.) Mitmach-Projekt
5.) Schreib-Lust-News 6.) Ausschreibungen 7.) Wettbewerbs-Tipps
März 2002
Die Rückkehr
von Olaf Deutz

Wage es! Der Weg ist offen!
Wieder diese Stimme. Immer wieder hörte ich diese Stimme. Tief, volltönend und fremdartig. Tag für Tag forderte sie mich auf, ihr an einen Ort zu folgen, der die Welt in ein neues Licht tauchen würde.
Pah! Ich, Elon, Magier des Orden der Cardacs, ließ mir doch von einem Amulett nichts vorschreiben. Auf mich warteten bedeutendere Aufgaben. Schließlich hatten ganze Horden von Orks und Kobolden im Westen des Landes einige Städte überfallen und dem Erdboden gleich gemacht. Ich hatte also besseres zu tun, als einen mehr als fragwürdigen Ort aufzusuchen.
Warum kommst Du nicht? Wir erwarten Dich!
»Nein!« rief ich. »Verschwindet aus meinem Kopf!«
Ich hatte schon alles versucht. Ich hatte Freunde gebeten, bei mir zu verweilen, nur um zu erkennen, daß ich der Einzige war, der die Stimme hörte. Auch hatte ich probiert das Amulett zu vernichten, doch es schien unzerstörbar zu sein. Selbst Bannzauber prallten wirkungslos von ihm ab. Danach hatte ich den Versuch unternommen, es im Meer zu versenken. Doch eine unheimliche Kraft ließ mich mitten im Wurf innehalten. Ich konnte es nicht. Mein eigenes Herz herauszureißen und in den Fluten zu versenken, wäre einfacher gewesen.
Der Düsterwald! Er erwartet Dich! Wir warten auf Dich!
Es war zwecklos. Unaufhaltsam, unwiderstehlich trieb mich die Stimme zum Düsterwald. Ich hatte immer wieder versucht, die entgegengesetzte Richtung einzuschlagen, nur um dann festzustellen, daß ich mich dem Wald immer mehr genähert hatte. Die Stimme in meinem Kopf wurde deutlicher, je näher ich dem Wald kam. Sie erstickte förmlich meinen Geist und ließ kaum noch einen eigenen Gedanken zu.
Komm, komm! Das Licht einer neuen Welt erwartet Dich!
Je näher ich dem Düsterwald kam, um so mehr begann die Angst in mir zu keimen. Was erwartete mich dort? Macht, Reichtum, Wahnsinn oder gar der Tod?
Schließlich erreichte ich die ersten Ausläufer des Waldes. An diesem grauen Tag wirkte er wie ein dunkler, alles verschlingender Streifen am Horizont.
Fürchte Dich nicht! Komm!
Jedes Fünkchen Gegenwehr war jetzt dahin. Ich lenkte mein Pferd schnurstracks in Richtung Wald. Als ich die ersten Baumreihen erreicht hatte, band ich mein Reittier an und marschierte zu Fuß weiter, immer begleitet und geleitet von der alles beherrschenden Stimme. Sie trieb mich unaufhaltsam durch den Wald und das Unterholz, auf ein seltsames Leuchten zu, das von irgendwo jenseits der Bäume zu kommen schien.
Anfangs glaubte ich, die hellen Strahlen des Vollmondes zu sehen. Doch je mehr ich mich dem Licht näherte, um so intensiver wurde es. Der Schein lockte mich, ja zog mich förmlich in seinen Bann. Zu dem trieb mich die Stimme ständig an.
Gleich bist Du da! Gleich bist Du bei uns!
Das Schimmern jenseits der Bäume wurde zusehends heller. Kaltes bläuliches Licht ergoss sich in das Unterholz.
Schließlich trat ich auf eine Lichtung hinaus, in dessen Mitte sich mir ein seltsames Bild bot.
Ein riesiger, rundlicher Findling lag dort, der von innen heraus zu leuchten schien; ja, er sprühte förmlich vor Magie, so daß sich meine Nackenhaare aufrichteten. Mit einem nagenden Gefühl der Angst in der Magengegend, zwang mich die unbekannte Macht auf das Gebilde zu zugehen. Ich hatte Mühe, den Stein direkt anzublicken. Das gleißende Licht brannte sich förmlich in meinen Kopf. Ich taumelte und schloß die Augen. Helle Flecken tanzten vor meinem inneren Auge.
Vorsichtig näherte ich mich dem steinernen Giganten, als dieser mit einem mal anfing zu pulsieren. Anfangs kaum wahrnehmbar, doch immer intensiver und schneller, je näher ich kam. Wie in freudiger Erwartung flimmerte mir der Fels entgegen.
Erklimme den Stein und werde Zeuge einer Wiedergeburt!
Fast blind suchte ich an dem Felsen nach Halt und stieg hinauf. Einige Male wäre ich fast wieder hinabgerutscht, doch mit zerschundenen Beinen und Händen erreichte ich endlich einen glatten und ebenen Gipfel. Schnaufend stützte ich die Handflächen auf den kalten Stein, als meine tauben Finger eine kleine, runde Vertiefung fanden.
Das Amulett! Benutze das Amulett!
Das war es also. Das Amulett war ein Schlüssel und der Findling die Tür. Doch wohin führte das Portal? Etwas wartete dahinter. Wartete daß man es befreite, daß man es in die Welt hinaus ließ. Ungeduldig.
Benutze das Amulett!
Das Dröhnen der Stimme war kaum noch zu ertragen. Mein kopf schmerzte; ich wehrte mich, doch es war zwecklos. Zu stark war die Macht, die mich hier her geführt hatte. Sie beherrschte mich, zwang mich, die runde Metallscheibe in die Vertiefung zu drücken.
Eine lautlose Explosion gleißender magischer Energien schleuderte mich zurück. Der Aufprall raubte mir trotz des weichen Waldbodens den Atem. Verschwommen sah ich, wie tausende von Energiebällen wie Funken in alle Richtungen davon stoben, um im Nachthimmel zu verschwinden.
Dunkelheit! Der Fels hatte aufgehört zu pulsieren. Helle Sterne tanzten eine ganze Weile vor meinen Augen, die sich jedoch langsam an die Finsternis gewöhnten.
Zögernd rappelte ich mich auf und bewegte jedes meiner schmerzenden Glieder. Nichts schien gebrochen zu sein. Allmählich konnte ich auch wieder Umrisse erkennen. Der Fels lag immer noch in der Mitte der Lichtung, so als wäre nichts geschehen.
Ich fragte mich, ob das Amulett immer noch dort oben im Fels steckte. Da fiel mir auf, daß die Stimme nicht mehr da war. Sie war verschwunden, so als hätte es sie nie gegeben.
Ich entschloß mich kurzerhand den Findling erneut zu erklimmen. Ich wollte sicher sein, daß das Amulett fort war und der Spuk auch wirklich ein Ende hatte.
Diesmal war es deutlich einfacher. Ich konnte sehen wohin ich trat und mußte mich nicht nur auf meinen Tastsinn verlassen. Oben angekommen, rieb ich mir ungläubig die Augen. Das Amulett und die Vertiefung, in der es lag, waren verschwunden. Auch die Oberfläche des Steines war nicht mehr glatt und eben, sondern zerfurcht und wettergegerbt wie der Rest.
Während ich noch überlegte, welche Form der Magie ich hier frei gesetzt hatte, kam eine leichte Brise auf. Begleitet von einem Rauschen schwoll sie sehr schnell zu einem wahren Sturm an. Ich hielt mich mit aller Kraft an dem Stein fest, um nicht erneut herunter geschleudert zu werden. Die Böen zerrten an meinen Haaren und an meinem Umhang, so als wollten sie mich mit aller Gewalt herunterreißen.
Aus den Augenwinkeln sah ich wie sich ein riesiges Wesen, mit gigantischen Flughäuten, vom Himmel herabsenkte und wie mit jedem Flügelschlag Blätter und Zweige in alle Richtungen davonwirbelten.
Leicht, fast schon graziös setzte das Wesen auf und faltete seine mächtigen Flügel auf dem Rücken zusammen.
Ich traute meinen Augen nicht. Vor mir stand ein riesiges, echsenähnliches Wesen. Sein Kopf ruhte auf einem langen Hals und sein kräftiger Körper mündete in einem langen, stacheligen Schwanz. Von Kopf bis Fuß war es mit silbrig schimmernden Schuppen überzogen, die ihm ein fast schon metallisches Aussehen verliehen.
Ein Silberdrache! Eines jener unsterblichen, legendären Wesen, die man schon seit mehr als tausend Jahren nicht mehr gesehen hatte. Sie waren einst, im Zeitalter der Umwälzung, von Heute auf Morgen verschwunden, und jetzt war zumindest einer zurückgekehrt.
Ich keuchte, als die Kreatur ihren riesigen Kopf schüttelte und mich mit rotglühenden Augen musterte.
Höre, Mensch! Da war sie wieder, die Stimme des Amuletts, die mich hier her getrieben hatte. Doch diesmal schien der Drache zu mir zu sprechen.
Vor vielen Zeitaltern lebten wir Seite an Seite mit Euch und gemeinsam kämpften wir gegen das Böse. Doch in Zeiten des Friedens wuchs Euer Mißtrauen. Euer Haß zwang uns diese Welt zu verlassen.
Die Stimme dröhnte in meinem Kopf, als er weiter sprach:
Doch wisse: Jetzt, da erneut Dunkle Schatten heraufziehen, ist für uns die Zeit zur Rückkehr gekommen.
Langsam breitete er seine mächtigen Flughäute aus, die mit einem mal drohend, wie dunkle Wolken über ihm schwebten.
Gehe hinaus und verkünde der Welt, daß wir zurückgekehrt sind, um uns gemeinsam mit Euch dem Bösen zu stellen.
Mit diesen Worten stieß er sich ab und schwang sich mit einigen kraftvollen Flügelschlägen empor, um schließlich über die Baumwipfel hinweg im Nachthimmel zu verschwinden.

- ENDE -
(c) Olaf Deutz

Letzte Aktualisierung: 00.00.0000 - 00.00 Uhr
Dieser Text enthält 8459 Zeichen.

Druckversion

 LINKTIPPS: Naturwaren Diese Website wird unterstützt von:

www.mswaltrop.de
Copyright © 2006 - 2024 by Schreiblust-Verlag - Alle Rechte vorbehalten.