Madrigal für einen Mörder
Madrigal für einen Mörder
Ein Krimi muss nicht immer mit Erscheinen des Kommissars am Tatort beginnen. Dass es auch anders geht beweisen die Autoren mit ihren Kurzkrimis in diesem Buch.
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Mai 2002
Abendessen für zwei
von Anna Rinn-Schad


Sie hatte eine CD aufgelegt, eine Suite von Bach. Die Musik schien ihr fröhlich, kompliziert und einleuchtend zugleich wie eine mathematische Gleichung. Ein letztes Mal ging sie durch das Eßzimmer und begutachtete die Tafel. Zwei Gedecke waren aufgelegt. Das Silberbesteck blitzte im weichen Licht der beiden hohen Kerzen in Porzellanleuchtern. Der Eiskübel und die Weinflasche, die in dem Eis steckte, waren übersät mit Kondenswassertröpfchen.
Ja, alles war perfekt. Zufrieden kehrte sie in die Küche zurück. Das Steak unter dem Grill hatte jetzt gerade die richtige Farbe. Das Elektromesser lag bereit. Sie rührte noch einmal den Salat durch, dann holte sie die Pfanne aus dem Grill und schnitt das Fleisch in Scheiben. Unterhalb des Grillrosts verströmte ein Stangenweißbrot mit Knoblauchbutter seinen würzigen Duft.
Eine Minute später trug sie das Essen auf und setzte sich an den gedeckten Tisch. Legte Fleisch und Brot auf ihren Teller, tat sich Salat auf und goß Wein in ihr Glas. „Prost“, sagte sie zu dem Gedeck gegenüber und trank einen Schluck. Dann begann sie zu essen. Sie kaute langsam, wischte zwischendurch die fettigen Finger an der Leinenserviette ab und lauschte auf die Musik, die hell und klar durch den Raum funkelte.
„Schmeckt es dir?“ Sie goß sich Wein nach. Die CD war abgelaufen. Das Eis geschmolzen, in der Flasche schwappten noch zwei Fingerhoch Weißwein. In der Salatschüssel waren drei schlappe Gurkenscheiben zurückgeblieben. Im Brotkorb zwei Brotstückchen, die Fleischplatte war leer, nur ein Rest hellrosa Brühe kleckerte auf dem Grund.
Es klingelte an der Wohnungstür.
Mühsam rappelte sie sich auf und ging ans Haustelefon. „Hallo, wer ist da?“
„Ich bin es“, klang es gereizt durch die Tür. „Mach schon auf, ich stehe ja direkt davor.“
„Was willst du denn?“ rief sie laut und nervös.
„Ich will endlich mein Teleskop abholen. Hab mir extra einen Kombi geliehen. Nun mach schon auf, einmal muß es doch sein.“
Sie öffnete. Er trat in den Flur, im ersten Augenblick nur ein Schattenriß gegen die Treppenhausbeleuchtung, denn sie hatte das Licht im Flur nicht angeknipst. Mit einer ungeduldigen Bewegung hob er die Hand zum Schalter neben der Wohnungstür.
In dem aufflammenden Licht sah er sie verblüfft an. „Mensch, bist du dick geworden“, sagte er laut und ging an ihr vorbei in die Abstellkammer neben der Küche.

©Anna Rinn-Schad

Letzte Aktualisierung: 00.00.0000 - 00.00 Uhr
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